Katharina Schulze

Fraktionsvorsitzende der Grünen im Bayerischen Landtag

Grüner Antrag

Schutz und Respekt für das kommunalpolitische Ehrenamt

20. Januar 2020 in Anträge und Anfragen, Im Parlament |

Aktive in der Kommunalpolitik werden in zunehmendem Maße belästigt, beleidigt, bedroht oder sogar körperlich angegriffen. Auf Antrag meiner Fraktion hin fand erst kürzlich eine Expertenanhörung im Innenausschuss des Bayerischen Landtages zur Beleuchtung der Bedrohungslage in Bayern statt. Aus den Erkenntnissen haben wir Forderungen entwickelt: Zusammen mit meinem Kollegen Johannes Becher, habe ich heute unseren grünen Antrag (PDF) „Schutz und Respekt für das kommunalpolitische Engagement“ vorgestellt.

Bedrohungslage gefährdet die Demokratie

Laut einer Umfrage des Magazins Kommunal haben 40 Prozent aller Rathäuser bundesweit mit Stalking, Beschimpfungen und Drohungen zu kämpfen. Betroffen sind Menschen, die sich oft ehrenamtlich oder gegen eine geringe Aufwandsentschädigung für ihren Ort einsetzen. Laut den Expert*innen werden insbesondere Frauen abgeschreckt und ziehen sich aus dem kommunalpolitischen Ehrenamt zurück – obwohl sie heute schon unterrepräsentiert in kommunalen Ämtern und Spitzenpositionen sind. Damit gerät unsere Demokratie in Gefahr!

Wir Landtagsgrünen nehmen die Gefahren für die Demokratie vor Ort in den Städten und Gemeinden in Bayern sehr ernst und schlagen Gegenmaßnahmen vor. – Katharina Schulze

Grüne Forderungen für Schutz in der Kommunalpolitik

Diese Bedrohungen und Angriffe müssen ein Ende haben! Wir fordern daher insbesondere die Staatsregierung zum Handeln auf. Die Lehren, die wir Landtags-Grünen aus der Expert*innenanhörung im Landtag ziehen, haben Eingang gefunden in unseren grünen Antrag (PDF), den ich Ihnen nun vorstelle. Mein Landtagskollege Johannes Becher und ich erheben darin sieben Forderungen:

1. Betroffene nicht alleine lassen, Beratungsangebote schaffen

In Zusammenarbeit mit den kommunalen Spitzenverbänden ist durch die Staatsregierung ein Konzept für eine zentrale Anlaufstelle für Beratung und Prävention zu entwickeln, die kommunale Amts- und Mandatsträger*innen sowie Verwaltungsmitarbeitende bei der Wahrnehmung ihrer Rechte unterstützt, sie im Bedrohungsfall berät, Fortbildungs- und Informationsangebote bereithält und den Austausch zwischen den Betroffenen fördert. Die Anlaufstelle entwickelt auch Beratungs- und Hilfsangebote für betroffene Frauen, die sich kommunalpolitisch engagieren.

2. Ausstattung der Bayerischen Polizei überprüfen und an die Bedrohungslage anpassen

Damit Straftaten konsequenter als bisher verfolgt werden können, braucht es eine bessere technische und personelle Ausstattung bei der Polizei. Die Staatsregierung wird dem Innenausschuss berichten, welche Konsequenzen sie im Bereich der Polizei aus der aktuellen Bedrohungslage zieht. Insbesondere ist dabei darauf einzugehen, durch welche Maßnahmen die Bayerische Polizei in die Lage versetzt werden kann, Straftaten effektiver als bisher zu verhindern und zu verfolgen.

3. Dunkelfeld aufhellen

Wir brauchen eine wissenschaftliche Studie zur Generierung empirischer Daten und zur Aufklärung des Dunkelfeldes von Straftaten gegenüber kommunalen Amts- und Mandatsträger*innen sowie Mitarbeitenden der Kommunalverwaltung.

4. Lücken im Strafrecht schließen

§ 188 StGB (Üble Nachrede und Verleumdung gegen Personen des politischen Lebens) ist dahingehend zu ändern, dass auch auf kommunaler Ebene tätige Politiker*innen geschützt werden, insbesondere im Internet.

5. Straftaten vor Gericht konsequent ahnden

Hassdelikte müssen auch von der Justiz entschlossener als bisher verfolgt werden. Die Staatsregierung wird dem Innenausschuss  mündlich und schriftlich berichten, welche Konsequenzen sie im Bereich der Justiz zieht. Insbesondere ist dabei darauf einzugehen, durch welche Maßnahmen, vor allem auch im Bereich der personellen und technischen Ausstattung, Staatsanwaltschaften und Gerichte in die Lage versetzt werden können, Straftaten gegenüber kommunalen Amts- und Mandatsträger*innen sowie Mitarbeitenden der Kommunalverwaltung konsequenter als bisher strafrechtlich zu verfolgen.

6. Mehr politische Bildung an den Schulen

Demokratie ist keine Selbstverständlichkeit, sie muss gelernt werden. Die politische Bildung ist deshalb an allen Schularten zu stärken und mit den schulischen Angeboten der Medienbildung/digitalen Bildung zu verzahnen. Ziel der Maßnahme ist der Erwerb von Demokratie- und Medienkompetenz durch alle Schüler*innen im Freistaat.

7. Aufklären, informieren, für mehr kommunalpolitisches Engagement und Respekt vorm kommunalen Ehrenamt werben

Gemeinsam mit der Bayerischen Landeszentrale für politische Bildungsarbeit ist eine Aufklärungs- und Informationskampagne zum Wert des kommunalpolitischen Engagements durchzuführen. Die Kampagne soll dazu motivieren, in der Kommunalpolitik aktiv zu werden.

Wenn wir all diese Maßnahmen ergreifen, bin ich zuversichtlich, dass wir den ehrenamtlich Aktiven in der Kommunalpolitik – in den Räten sowie in den Parteiämtern – den Schutz und Respekt entgegen bringen können, der ihnen zusteht. Unsere Demokratie lebt von der kommunalen Ebene, den dort werden die Entscheidungen getroffen, die den Alltag ganz direkt beeinflussen: Gibt es genügend Kindergartenplätze, funktioniert die Ganztagsbetreuung an der Schule? Werden Radverkehr und öffentliche Verkehrsmittel gefördert? Kommt der Strom aus dem Kohlekraftwerk oder aus dezentralen erneuerbaren Energien?

Kampf gegen Hass im Netz und Rechtsextremismus

Neben dem vorliegenden Antrag gibt es weitere Aufgabenfelder. Insbesondere fordern wir Grünen:

Hate-Speech und Hetze im Netz bekämpfen: Hass und Hetze müssen endlich aufhören. Wir fordern, dass ‚Hate-Speech‘-Delikte auch online angezeigt werden können, eine Schwerpunktstaatsanwaltschaft ‚Hate-Speech und digitale Gewalt‘, eine zentrale Beratungsstelle und eine zentrale Meldestelle für Betroffene und die Verankerung des Themas als schulart- und fächerübergreifenden Bildungs- und Erziehungsziele in der Medienbildung.

Intensivierung des Kampfes gegen Rechtsextremismus und Reichsbürger: Wir fordern seit Jahrzehnten ein konsequentes und nachhaltiges Eintreten gegen Neonazis aber auch gegen eine antidemokratische Kultur, Rassismus und jede Form von Ungleichwertigkeitsvorstellung. Das Handlungskonzept der Staatsregierung gegen Rechtsextremismus in Bayern muss grundlegend überarbeitet werden. Dazu haben wir bereits in der vorangegangenen Legislaturperiode umfassende Reformvorschläge gemacht (Antragspaket zum Handlungskonzept gegen Rechtsextremismus). Auch muss weiter konsequent gegen die „Reichsbürger“- Bewegung vorgegangen werden. Wir fordern deren konsequente Entwaffnung.