Katharina Schulze

Fraktionsvorsitzende der Grünen im Bayerischen Landtag

Antragspaket

Wir handeln jetzt – denn Hate Speech geht uns alle an!

21. Oktober 2019 in Im Parlament |

Ich bin Feministin, Antifaschistin, Grüne, Politikerin und Frau. Ich vertrete klar und deutlich meine Meinung. Einigen Menschen passt das nicht und sie reagieren darauf mit Online-Hasskriminalität. Hass und Hetze müssen endlich aufhören! Aus diesem Grund habe ich ein Antragspaket (PDF) vorgelegt, das konkrete Maßnahmen aufzeigt, die wir jetzt in Bayern umsetzen können.

Hass und Hetze im Netz, sogenannter „Hate Speech“ ist kein virtuelles Problem, sondern vergiftet den Umgang der Menschen miteinander im Alltag. Bei Hate Speech geht es darum, anderen Menschen ihre Würde, Menschlichkeit und das Recht auf körperliche Unversehrtheit abzusprechen. Wir Grüne werden das Grundrecht auf freie Meinungsäußerung immer verteidigen. Wenn aber politische Debatten entgleisen und in Hass umschlagen, gerät unsere Demokratie in Gefahr. Dagegen ergreifen wir jetzt mit unserem Antragspaket konkrete Maßnahmen.

Grüne Maßnahmen gegen Hate Speech in Bayern:

I) Stark zusammen gegen Hate Speech (PDF)

Wir wollen ein klares Statement des Bayerischen Landtags gegen Hass und Hetze im Netz. Die Abgeordneten des Bayerischen Landtags sind Botschafter und Vorbilder und stellen mit einer gemeinsamen Entschließung klar, dass sie sich interfraktionell und gemeinsam gegen das gesamtgesellschaftliche Problem stellen.

II) Starke Polizei gegen Hate Speech (PDF)

Wir wollen Waffengleichheit zwischen Betroffenen und Täter*innen schaffen: Eine strafbare Handlung zu verfolgen, soll für Betroffene genauso leicht sein, wie es für die Täter leicht ist, Hass und Hetze in die Computer zu tippen.
Bayern gehört zu den Ländern, in dem nur sehr wenige Delikte per Online Wache angezeigt werden kann. Hate Speech-Delikte zählen nicht dazu. Betroffene und Zeugen von Hate Speech-Delikten müssen derzeit in Bayern stets persönlich auf die Wache gehen, um den Sachverhalt anzuzeigen. Diese Hemmschwelle ist insbesondere bei diesen Delikten mit Internetbezug problematisch und nicht zu rechtfertigen. Das muss sich ändern. Deshalb brauchen wir in Bayern eine polizeiliche Online-Wache.
Gleichzeitig müssen Polizeieinsatzkräfte noch besser über die Mechanismen der Social-Media-Dienste informiert sein. Hierfür brauchen wir hauptamtliche Ansprechpersonen bei der Polizei, die den Betroffenen von Hate Speech als Ansprechpartner*innen dienen und ihre Kolleg*innen fortbilden. Auch in der polizeilichen Aus- und Fortbildung muss das Thema Hate-Speech-Delikte noch intensiver behandelt werden.

III) Starke Justiz gegen Hate Speech (PDF)

Was in der analogen Welt strafbar ist, muss auch in der digitalen Welt wirksam verfolgt werden können. Um das Fachwissen zur Verfolgung der Hate Speech-Delikte zu bündeln, wird eine Schwerpunktstaatsanwaltschaft Hate Speech und digitale Gewalt eingerichtet, bei der alle Anzeigen im Bereich Hass im Netz zentral zusammenlaufen, damit konzertierte Hassangriffe auch als solche erkannt werden.
Daneben müssen wir Strafverfolgungsbehörden und Gerichte personell und technisch so ausstatten und ausbilden, dass sie Strafrechtsverstöße im Netz angemessen und zeitnah bearbeiten können. Die juristische Aus- und Fortbildung muss an die Gegenwart angepasst werden und Hate Speech Delikte und deren effektive Verfolgung müssen integraler Bestandteil der Aus- und Fortbildung werden.

IV) Starke Betroffene gegen Hate Speech (PDF)

Wir wollen, dass Betroffene schnell und kompetent Hilfe erhalten. Deshalb wollen wir eine zentrale Beratungsstelle für Opfer von Hate Speech schaffen. Die Unterstützung umfasst neben der unmittelbaren rechtlichen Beratung und der Entwicklung von Gegenstrategien auch die niedrigschwellige Hilfe bei gesundheitlichen Problemen. Hate Speech und Cybermobbing führen, insbesondere bei Kindern und Jugendlichen, schnell zu ernsthaften gesundheitlichen Beeinträchtigungen bis hin zu Depressionen und suizidalen Gedanken. Die Opferberatungsstelle vermittelt hier Hilfe bei der Bewältigung erlittener Verletzungen und Traumata.
Wir wollen, nach dem Vorbild „respect!“ in Baden Württemberg, eine zentrale Meldestelle für Hate Speech einrichten. Die Meldestelle setzt sich dafür ein, dass internationale Unternehmen deutsches Recht ernst nehmen. Eingehende Meldungen werden zunächst auf ihre strafrechtliche Relevanz geprüft und nach Straftatbeständen kategorisiert. Entsprechende Beiträge leitet die Meldestelle dann den Betreibern der betreffenden Netzwerke mit der Aufforderung zur Löschung weiter. Zeigen sich die Provider nicht kooperativ, ist in bestimmten Fällen eine Klage möglich. Die „Meldestelle respect!“ verfolgt als Ziel nicht nur die Löschung der Beiträge. Vielmehr geht es auch darum, die Verfasser*innen von Hate Speech in die Verantwortung zu nehmen. Deshalb werden bei volksverhetzenden Beiträgen ihre Verfasser*innen von der Meldestelle angezeigt. Betroffene von Hetze im Internet werden nach der Meldung ihres Anliegens nicht mit dem Problem allein gelassen. Es erfolgt eine begleitende Beratung. Ein entsprechendes Angebot ist auch für die Betroffenen von Hate Speech in Bayern erforderlich.
Um erfolgreiche Gegenstrategien gegen Hate Speech entwickeln zu können, müssen wir das Phänomen noch besser verstehen. Wir wollen deshalb ein Forschungsprojekt auflegen. Dies umfasst die Analyse von Hasskommentaren, deren Ursachen und Dynamiken, sowie die präferierten Zielgruppen von Hate Speech. Dabei soll ein besonderes Augenmerk auf frauen- und fremdenfeindliche Aspekte von Hass und Hetze im Netz gelegt werden.

V) Starke Schulfamilie gegen Hate Speech (PDF)

Kinder und Jugendliche sind besonders verwundbar und müssen geschützt werden. Wir wollen das Thema Umgang mit Hate Speech als schulart- und fächerübergreifenden Bildungs- und Erziehungsziele in der Medienbildung/Digitale Bildung verankern. Um zu verhindern, dass falsche Informationen weiterverbreitet werden und größeren Schaden anrichten, müssen Kinder und Jugendliche lernen, wie man Informationen prüft, hinterfragt und ggf. aussortiert. Eine Schlüsselkompetenz, die an den Schulen vermittelt werden muss, beinhaltet auch den Umgang mit digital verbreitetem Hass.
Wir wollen Unterrichtsmaterialien und eine Handreichung zum Thema Hate Speech bereitstellen, um alle Lehrkräfte zu befähigen, in ihrem Unterricht „Hass im Netz“ zu thematisieren.
Als dritten Baustein benötigen wir Inhouse-Schulungen für Lehrkräfte, Schulpsychologen und Beratungslehrkräfte zum Thema Hate-Speech und Gegenstrategien.
Außerdem muss die Konzeption der von Ministerpräsident Söder angekündigten Außenstelle der Landeszentrale für politische Bildung in Augsburg um das Problemfeld Hate Speech erweitert werden.