Katharina Schulze

Fraktionsvorsitzende der Grünen im Bayerischen Landtag

#nopag

Novellierung des PAG im Plenum

24. Februar 2021 in Anträge und Anfragen, Im Parlament |

Heute haben wir im Landtag über eine Novellierung des Polizeiaufgabengesetzes (PAG) in Bayern diskutiert. Für uns Grüne steht fest: Die Änderungen, die die Staatsregierung jetzt vorgelegt hat, reichen nicht! Wir Grüne halten an unseren Klagen gegen dieses verfassungswidrige CSU-Gesetz fest und fordern endlich eine bürgerrechtsfreundliche Reform des Gesetzes!

PAG beschneidet Bürger*innenrechte

Ein Rückblick: 2017 und 2018 hat die CSU das bayerische Polizeiaufgabengesetz (PAG) verschärft und der Polizei deutlich mehr Befugnisse weit im Gefahrenvorfeld gegeben. Das bedeutet: Die Freiheit der Menschen wird massiv eingeschränkt und Bürger*innen-Rechte werden beschnitten.

Protest aus der Zivilgesellschaft

Im Zuge dieser Verschärfung sind in ganz Bayern zehntausende Menschen auf die Straße gegangen und haben deutlich gemacht: Wir wollen frei und sicher in Bayern leben! 

Bayern ist das sicherste Bundesland in Deutschland. Warum schränkt die CSU die Bürger*innenrechte weiter ein? – Katharina Schulze

Die Bürger*innen in Bayern wissen, dass sie im sichersten Bundesland leben – dank der guten Arbeit unserer Polizei. Und weil das so ist, können sie nicht nachvollziehen, warum die CSU ihre Bürgerrechte einschränkt hat.

Sie fragten und fragen sich zurecht: Warum soll die Polizei präventiv mein Telefon anzapfen, meinen Computer und meine Cloud durchsuchen können, nur aufgrund einer schwammigen „drohenden Gefahr“? Warum soll im sichersten Bundesland die Freiheit weiter beschnitten werden?

Grüne Klagen gegen PAG-Novellierungen

Das sehen wir Grüne ebenfalls so – deswegen haben wir schon bei der ersten Novellierung 2017 als einzige Oppositionsfraktion dagegen gestimmt. Gegen beide Novellierungen 2017 und 2018 sind wir vor Gericht gezogen.

Die Verschärfungen des PAGs war eines von vielen Beispielen aus dem „Sommer des Populismus” des Markus Söders. – Katharina Schulze

Kein Lernprozess bei der Staatsregierung

Die Söder-Regierung bewegt sich bei den Änderungen des PAG nur in Trippelschritten: Zunächst wurde eine Expert*innenkommission mit engem Prüfauftrag eingesetzt – die überraschend deutliche Kritikpunkte fand.

Danach fand eine verbale Kurskorrektur des Ministerpräsidenten statt, aber einen Fehler einzugestehen ist nur der erste Schritt.

Wer wie die CSU schlechte und verfassungswidrige Gesetze erlässt, muss diese korrigieren. – Katharina Schulze

Wir Grüne drängen seit 2018 darauf, eine bürgerrechtsfreundliche Anpassung des PAGs vorzunehmen und der für 2019 angekündigte Gesetzentwurf liegt jetzt im Jahr 2021 endlich vor. 

CSU-Gesetzentwurf immer noch fehlerhaft

Leider korrigiert der heute vorgelegte Gesetzentwurf die vielen Fehler nur zum Teil.

Es ist ein schöner Erfolg, dass die Präventivhaft endlich wieder eine gesetzlich normierte Höchstdauer aufweist von insgesamt maximal 2 Monaten. Hier werden unsere Kritik und die Vorgaben des Kommissionsberichts endlich aufgegriffen – auch wenn Bayern im Ländervergleich immer noch die schärfste Regelung aufweist.  

Wer präventiv länger als einen Tag in Gewahrsam genommen wird, hat künftig einen Anspruch auf eine*n Rechtsanwalt/änwaltin. Auch das haben wir immer eingefordert. 

Bei der DNA-Untersuchung (genauer molekulargenetischen Analyse von Spurenmaterial) soll endlich die „biogeographische Herkunft“ gestrichen werden. Diese Rechtsgrundlage war grob diskriminierend und verstößt gegen die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts. An der grundsätzlichen Ermächtigung der Analyse von DNA-Untersuchungen für präventives polizeiliches Handeln hält der Gesetzentwurf leider fest. 

Begriff der „drohenden Gefahr“ weiter vorhanden 

Das zentrale Übel des PAG, der Begriff der „drohenden Gefahr“ ist weiter vorhanden. Er bedeutet eine eklatante Befugnisverschiebung weit ins Gefahrenvorfeld. Die Polizei darf in Bayern viele grundrechtsintensive Eingriffe, wie die Dauerobservation mit Ton und Bildaufnahmen und sogar Telekommunikationsüberwachung schon beim Vorliegen einer lediglich ‚drohenden Gefahr‘ durchführen. Die Definition davon ist weiter unklar, was auch die Arbeit der Polizist*innen erschwert.  

Wir sehen mit dem Begriff der „drohenden Gefahr“ weiterhin eine Vernachrichtendienstlichung der Polizei – das ist verfassungswidrig. – Katharina Schulze

Der Webfehler des Gesetzes – der Paradigmenwechsel des Polizeirechts weg von der Bekämpfung gegenwärtiger Gefahren hin zur Bekämpfung einer nebulösen drohenden Gefahr – bleibt erhalten – und deswegen halten wir auch unsere Klagen aufrecht! 

Die von uns kritisierte Befugnis der Postsicherstellung wird lediglich durch den Richtervorbehalt entschärft, es gibt keine Änderungen bei den von uns gerügten Vorschriften zur Durchsuchung von Datenträgern oder Sicherstellung von Gegenständen oder Online-Durchsuchung sowie Einsatz von technischen Mitteln in Wohnungen. 

Neu aufgeführt: „Individuelles Verhalten“

Und: In Art.11a Abs. 1 Ziffer 1 PAG ist neu ausgeführt, dass das individuelle Verhalten einer Person die konkrete Wahrscheinlichkeit der Entstehung einer Gefahr für ein bedeutendes Rechtsgut begründen soll. Das ist ein absolut unbestimmter Rechtsbegriff, der sehr weit dehnbar ist und zu große Interpretationsspielräume eröffnet.

Jedes normabweichende individuelle Verhalten von Personen könnte als solches gewertet werden. Das gehört gestrichen! – Katharina Schulze

Anhörung im Innenausschuss

Die konstante Kritik durch uns Grüne und der Zivilgesellschaft trägt erste Früchte: Auf Antrag (PDF) von uns Grünen wird es eine Expert*innenanhörung zum neuen Gesetzentwurf des PAG im Ausschuss für Kommunale Fragen, Innere Sicherheit und Sport geben. Termin dafür ist der 19. Mai 2021. 

Jetzt werden wir hier im Landtag weiter zur Novellierung des PAG diskutieren, ich bin gespannt auf die Beratungen und auf die Expert*innenanhörung!

Meine Rede dazu im Plenum:

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