Katharina Schulze

Fraktionsvorsitzende der Grünen im Bayerischen Landtag

Schriftliche Anfrage

Speicherung einer HIV-„Ansteckungsgefahr“ in Polizeidatenbanken I

15. September 2015 in Anträge und Anfragen, Im Parlament |

Damit sich PolizistInnen nicht im Dienst mit HIV oder Hepatitis anstecken, gibt es in Polizeidatenbanken den Hinweis „Ansteckungsgefahr“, falls der/die Beschuldigte an diesen Krankheiten erkrankt ist. Diese Schriftliche Anfrage (pdf) zeigt, dass knapp 14.000 BayerInnen gespeichert sind und dass die Polizei oft selbst entscheiden kann, ob dieser Aktenvermerk gelöscht wird.

Wie speichert die Polizei „Ansteckungsgefahr“?

Die Bayerische Polizei speichert Daten über BürgerInnen in ihren Datenbanken, teilweise bis zu zehn Jahre lang (1,6 Millionen BürgerInnen sind betroffen, das hat eine Anfrage zum Plenum von mir gezeigt). Grundlage dafür ist der Paragraf §38 BayPAG im Polizeiaufgabengesetz damit die Polizei personenbezogenen Daten für Ermittlungsverfahren nutzen kann, auch vorbeugend zur Gefahrenabwehr. Diese Daten werden gespeichert, wenn ein Ermittlungsverfahren gegen eine Person eröffnet wird. Daten von Zeugen oder Unbeteiligten dürfen nicht gespeichert werden. Selbst bei einem rechtskräftigem Freispruch oder einer Einstellung des Verfahrens kann es sein, das die Daten weiter gespeichert bleiben – wenn es zum Beispiel einen Restverdacht gibt. In vielen Fällen kann die Polizei nach bestimmten Regeln selbst entscheiden, ob sie die Daten weiter speichert.

Der Hinweis „Ansteckungsgefahr“ im Informationssystem der bayerischen Polizei betrifft im August 2015 13.992 Personen, aufgrund der Krankheiten Hepatitis B, C oder HIV.

Die Speicherung des Merkmals „Ansteckungsgefahr“ dient dem Schutz der bayerischen PolizistInnen. Ich finde aber, dass es im Hinblick auf den Datenschutz wichtig ist, dass nicht jedeR Zugriff auf diese Daten hat und dass dieser Vermerk gelöscht wird, wenn keine Gefährdung mehr vorliegt. Das Innenministerium schreibt mir, dass bei HIV jedeR Infizierte „lebenslang als potenziell ansteckungsfähig anzusehen ist“ – daher wird erst gelöscht, wenn eine vollständige Heilung der Krankheit vorliegt. Nach Informationen der AIDS-Hilfe ist aber HIV bei entsprechender Therapie gar nicht mehr ansteckend – und daher auch keine Gefahr für unsere PolizistInnen. Anlass genug für eine zweite Anfrage zu diesem Thema. 

Fakten zum Infektionsrisiko von HIV, Hepatitis B und C

Eine Kategorisierung als „ansteckend“ ist für die Betroffenen nachvollziehbarerweise belastend. Ein paar Fakten zu AIDS und Hepatitis:

  • die Mehrzahl der Menschen, die von ihrer HIV-Infektion wissen, sind nicht ansteckend, denn die meisten werden mit Medikamenten behandelt
  • die Medizin ist schneller als manche Vorschrift: nicht nur bei HIV, auch bei Hepatitis B und C kann man mit Medikamenten vollständig geheilt werden und eine Ansteckungsgefahr verhindern
  • Kein Warnhinweis heißt nicht keine Gefahr: Gerade bei Personen, die nicht von ihrer Erkrankung wissen, ist die Ansteckungsgefahr groß

Heutzutage ist eine HIV-Erkrankung bei entsprechender Therapie nicht mehr ansteckend. Die Therapie gilt als Safer-Sex Methode (mehr Infos hier auf den Seiten der AIDS-Hilfe).

Das Risiko von Ansteckungen mit HIV  im Polizeidienst scheint – ohne offizielle Datenbasis – wohl gering: Der Deutschen AIDS-Hilfe e.V. ist bundesweit kein einziger Fall bekannt. Auch im Innenministerium gibt es keine Daten über eine Übertragung von HIV- oder Hepatitis-Infektionen im Polizeidienst.


Alle weiteren Details können Sie der Schriftlichen Anfrage (pdf) entnehmen.

Die Abendzeitung München hat über dieses Problem berichtet.