Katharina Schulze

Fraktionsvorsitzende der Grünen im Bayerischen Landtag

Schriftliche Anfrage

Einsatz von Funkzellenabfragen und IMSI-Catchern

25. Juli 2014 in Aktuelles, Anträge und Anfragen, Im Parlament |

Die Polizei ermittelt, wie beim sogenannten Isarmord in München 2013, Hunderte und Tausende Daten von HandybesitzerInnen in Bayern mittels Funkzellenabfrage. Vor dem Hintergrund dieser massenhaften Sammlung von Verkehrsdaten und dem Einsatz sogenannter IMSI-Catcher und Stillen SMS habe ich Erstaunliches von der Staatsregierung erfahren.

IMSI-Catcher und „Stille SMS“

Ich habe die Staatsregierung unter anderem gefragt, in wie vielen Fällen die Landesbehörden diese IMSI-Catcher eingesetzt hat – und vor allem auf welcher Rechtsgrundlage. Die Antwort der Regierung zeigt, dass es 2013 zu 119 Einsätzen von IMSI-Catchern aufgrund von §100iStPO und Art. 34a PAG kam. In wie vielen Ermittlungsverfahren IMSI-Catcher eingesetzt wurden ist unbekannt. Der Einsatz ist momentan rückläufig. Für 2012 und 2013 können Sie der Anfrage die detaillierten zugreifenden Behörden, Verweise auf weitere Drucksachen und die detaillierte Einsatz-Entwicklung entnehmen.

Die Anzahl der Funkzellenabfragen, die ich ebenfalls erfragte, wird beim Bayerischen Landeskriminalamt nicht erhoben. In den letzten 5 Jahren habe das Landesamt für Verfassungsschutz aber keine Funkzellenabfragen durchgeführt.

Stille SMS, also Ortungsimpulse, werden seit 2010 rückläufig eingesetzt (Tabelle Entwicklung Stiller SMS von 2009 – 2013 in der Anfrage nachzulesen), bislang ausschließlich im Bereich Ausländerextremismus/-terrorismus sowie Rechtsextremismus/-terrorismus nach Art. 6 BayVSG.

Isarmord von Domenico L. in München 2013: über 500.000 Datensätze wurden erhoben!

Beim sogenannten Isarmord von Domenico L. in München 2013 wurde nach Zeitungsberichten bekannt, dass 7.400 HandybenutzerInnen mittels Funkzellenabfrage ermittelt wurden. Ich habe nachgehakt und herausbekommen, dass zu Beginn der Ermittlung alle Funkzellendaten erhoben wurden, die in unmittelbarer Tatortnähe möglich waren – teilweise sogar über den Tatortbereich hinausgehend. Dies geschah 24 Stunden lang am Dienstag, den 28.5.13. Nach Ermittlungen über mögliche Fluchtwege des Täters wurden erneut die Daten von diesem Tag, 22.00-00.00 Uhr erhoben. Das Amtsgericht München genehmigte dies am 29.5.13 sowie am 3.6.13

Unglaubliche 531.740 Datensätze wurden erhoben, von 63.938 „Mobilfunkendgeräten“ – nach zeitlichen und örtlichen Beschränkungen wurden 9.124 Handynummern von 7495 Anschlussinhabern untersucht – ganze 33.000 Datensätze!

Transparenz?

Für uns Grüne ist im Sinne von Transparenz auch wichtig,dass die betroffenen BürgerInnen über die Sammlung ihrer Verbindungsdaten informiert werden. Die Regierung schrieb mir, dass es über eventuelle Benachrichtigungen keine statistischen Daten gäbe und die hierfür notwendigen Daten eh nur mit „nicht vertretbaren Verwaltungsaufwand durch Einzelauswertungen von Akten bei den Staatsanwaltschaften“ ermittelt werden könnten. Nach Art. 34a PAG ist keine Benachrichtigungspflicht im präventiven Bereich vorgesehen.

Zu Maßnahmen des Landesamtes für Verfassungsschutz ist festzuhalten, dass diese im Jahr 2013 betroffene BürgerInnen weder über eine Funkzellenabfrage noch über den gezielten Einsatz eines IMSI-Catchers in Kenntnis gesetzt haben.


Alle Details können Sie der gesamten Schriftlichen Anfrage (pdf) entnehmen.


Die SZ hat am 19.08.2014 über dieses Thema und meine Anfrage berichtet.

Das Blog Netzpolitik.org hat am 10.09.12014 über die Erkenntnisse dieser Anfrage berichtet.