Katharina Schulze

Fraktionsvorsitzende der Grünen im Bayerischen Landtag

Schriftliche Anfrage

Leiter der Oktoberfest-Wache warnt Wies’n-Wirt vor Razzia

19. November 2020 in Anträge und Anfragen, Im Parlament |

Wie eine Schriftliche Anfrage (PDF) von mir an das Justizministerium bestätigt, wurde der Leiter der Münchener Wies’n-Wache durch Strafbefehl des Amtsgerichts München wegen Verletzung des Dienstgeheimnisses zu einer Geldstrafe verurteilt. Er soll im Jahr 2018 einen Wies’n-Wirt vor einer Durchsuchung in seinem Festzelt im Zusammenhang mit Steuerhinterziehung gewarnt haben.

Reinigungsunternehmer verurteilt

Hintergrund ist das Strafverfahren gegen einen auf der Wies’n tätigen Reinigungsunternehmer. Der Reinigungsunternehmer wurde nach öffentlicher Hauptverhandlung mit Urteil des Landgerichts München I vom 19. Februar 2020 unter anderem wegen Steuerhinterziehung und Veruntreuens von Arbeitsentgelt zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 4 Jahren und 6 Monaten rechtskräftig verurteilt.

Im Zusammenhang dieses Strafverfahrens wurde auch gegen einen ehemaligen Wies’n-Wirt wegen des Anfangsverdachts von Straftaten ermittelt. Der straffällige Reinigungsunternehmer belastete den Oktoberfest-Wirt während der Ermittlungen schwer und sprach von „Kick-Back“-Zahlungen.

Das Ermittlungsverfahren gegen den Wies’n-Wirt wurde durch die Staatsanwaltschaft München eingestellt, weil ein hinreichender Tatverdacht nicht festgestellt werden konnte.

Strafverfahren wegen Verletzung des Dienstgeheimnisses

Wie meine Anfrage belegt, wurde gegen den Leiter der Polizeiinspektion 17 (die sogenannte Wies’n-Wache) wegen Verletzung des Dienstgeheimnisses jedoch in Folge ein Strafverfahren eingeleitet. Der Polizeibeamte wurde am 3. August 2020 rechtskräftig zu einer Geldstrafe verurteilt.

Der Leiter der Wies’n-Wache hat einen Oktoberfest-Wirt vor einer Razzia gewarnt. Ein ungeheuerlicher Vorgang, den man in schlechteren Kriminalromanen erwartet, nicht aber in der Realität polizeilicher Arbeit. – Katharina Schulze

Nächster Polizeiskandal in München

Es handelt sich hier nach den antisemitischen USK-Chats und den weitgehenden Verstrickungen im Drogensumpf, um den nächsten Polizeiskandal beim Polizeipräsidium München.

Das ist ein Schlag ins Gesicht aller an dieser Durchsuchungsaktion beteiligten Beamtinnen und Beamten der Bayerischen Polizei. Wie sollen die Polizeieinsatzkräfte erfolgreich gegen Kriminalität vorgehen, wenn ihnen aus den eigenen Reihen Knüppel zwischen die Beine geworfen werden?

Transparent Aufklärung erforderlich

Schockierend ist, dass der Leiter der Wies’n-Wache wohl auch weiterhin in derselben Position tätig ist, ganz als wäre nichts gewesen. Das lässt für mich nur zwei mögliche Erklärungen zu: Entweder ist der Verrat einer Razzia in den Augen von Innenminister Herrmann nur ein Kavaliersdelikt unter Spezln, oder der Fall soll absichtlich vertuscht werden.

Es braucht jetzt eine transparente Aufklärung des gesamten Vorgangs! – Katharina Schulze

Ich möchte zum Beispiel wissen, wer von den Ermittlungen gegen den Top-Beamten wann was wusste, wann der Innenminister darüber informiert wurde und was die disziplinarrechtlichen Konsequenzen sind. Ich erwarte dazu eine Stellungnahme von Innenminister Herrmann.

Dieses Beispiel zeigt erneut, dass wir einen unabhängigen Polizeibeauftragten brauchen. – Katharina Schulze

Am 12.11.2020 habe ich unseren Gesetzentwurf dazu in den Bayerischen Landtag eingebracht.

Weitere Informationen entnehmen Sie bitte meiner Schriftliche Anfrage (PDF).

Update am 20. November 2020: Nach Zeitungsberichten wurde der Leiter der Wiesn-Wache trotz laufender Ermittlungen befördert.

Ich finde: Es braucht eine unverzügliche Erklärung des Innenminister Herrmann, warum trotz eines so schwerwiegenden Verdachts, der tatsächlich in eine strafrechtliche Verurteilung mündete, eine Beförderung ausgesprochen wurde! Die Beförderung hätte bis zum Ausgang des gerichtlichen Verfahrens auf Eis gelegt werden müssen. Stattdessen wurde der Vorfall offenbar unter der Decke gehalten und so weiter gemacht, als sei nichts passiert. Ich kann nicht nachvollziehen, warum ein strafbewehrtes Verhalten auch noch „belohnt“ wird. So etwas führt verständlicherweise zu Frust bei den Kolleginnen und Kollegen in der Polizei!