Katharina Schulze

Fraktionsvorsitzende der Grünen im Bayerischen Landtag

Schriftliche Anfrage

Zunehmende Gewalttätigkeit der rechtsextremen Szene: Rassistischer Überfall in Ebersberg

14. Dezember 2015 in Unterwegs |

Diese Schriftliche Anfrage (pdf) klärt die Details des gewalttätigen Angriff auf zwei ausländische Personen in einem Imbiss am Bahnhof Ebersberg. Und zeigt eindrucksvoll, dass hier etwas schief gelaufen ist (immerhin gab es zwei Notrufe an die Polizei) und dass es in Bayern an konsequenter Unterstützung für Menschen, die sich von Rechtsextremen eingeschüchtert fühlen, mangelt.

Was ist passiert? Spätes Eintreffen der Polizei verwundert

Am 25. September kam es in Ebersberg zu einem äußerst gewalttätigen und rassistisch motivierten Angriff auf einen Imbiss, bei dem zwei ausländische Personen verletzt wurden. Schon eine Stunde vor dem Angriff (!) verständigte einer der Geschädigten per Notruf die Polizei, nachdem er beobachtete, wie die späteren Angreifer (laut Polizeibericht) „offensichtlich gezielt auf Ausländer und Farbige zugingen, diese beschimpften und beleidigten“. Daraufhin wurden drei Streifenwagen zum Imbiss an den Bahnhof geschickt. Die Lage hatte sich jedoch inzwischen wieder beruhigt.

Die zwei Beschuldigten, erheblich alkoholisiert, hatten sich noch vor Eintreffen der Streife vom Imbiss entfernt. Sie kamen jedoch nach einer Stunde mit sechs weiteren Personen, bewaffnet mit Holzlatten, Hämmern und einem Messer, zurück. Sie demolierten den Imbiss und verursachten einen Schaden von knapp 5.000 Euro. Dabei verletzten sie einen anwesenden afghanischen Staatsbürger mit einer Holzlatte am Kopf, einen weiteren mit einem Messer an der Hand. Nach einem erneuten Notruf erreichten fünf Streifenwagen den Imbiss. Der erste Streifenwagen war nach neun Minuten vor Ort, alle Täter waren bereits wieder verschwunden. Fahndungsmaßnahmen wurden eingeleitet.

Laut aktuellem Stand der Ermittlungen erfolgten mittlerweile bei vier Personen Hausdurchsuchungen, gegen die wegen gefährlicher Körperverletzung ermittelt wird. Vier weiteren Personen wird Beihilfe zur gefährlichen Körperverletzung vorgeworfen. Ein Großteil der Beschuldigten war den Behörden nicht unbekannt. Ermittlungen in Form von Vernehmungen und der Auswertung von Datenträgern laufen noch.

Rechtsextreme Szene in Bayern wird gewalttätiger

Der Angriff in Ebersberg zeigt, dass die rechte Szene in Bayern zunehmend gewalttätiger auftritt. Das bestätigt einen beunruhigenden Trend, der spätestens seit Juli 2015 bekannt war: Demnach wurden allein im ersten Halbjahr 2015 60 Personen durch rechtsextrem motivierte Gewalttaten verletzt. Im gesamten Vorjahr hatte es 86 Verletzte gegeben. (Mehr Daten über rechte Gewalt in Bayern hier.)

Es gab in Bayern dieses Jahr außerdem schon mindestens 52 rechtsextreme Angriffe auf Flüchtlingsunterkünfte. Meine Anfrage zeigt, dass die Erstellung von Notfallplänen für einzelne Flüchtlingsunterkünfte weiterhin allein in der Verantwortung der Betreiber liegt. Die Polizei wird nur bei Bedarf beratend tätig. Angesichts der hohen Anzahl von Angriffen auf Flüchtlingsunterkünfte erwarte ich mir  von der CSU-Regierung dabei ein deutlich offensiveres Vorgehen!

Zu wenig Unterstützung für Opfer rechter Einschüchterung

Der Vorfall in Ebersberg unterstreicht ein weiteres Mal, dass es in Bayern an konsequenten Unterstützungsmaßnahmen für Menschen, die sich von Rechtsextremen eingeschüchtert fühlen, mangelt. Die Antwort des Innenministerium macht deutlich, dass entsprechende Maßnahmen der Staatsregierung über technische Hilfestellungen und Beratungsgespräche nicht hinaus gehen. Ich finde, dass der Bereich soziale und psychologische Betreuung bisher viel zu kurz kommt. Natürlich kann das nicht die Aufgabe der Polizei sein. Deshalb fordern wir Grüne schon seit vielen Jahren Opferberatungsstellen, die von der Zivilgesellschaft organisiert, aber vom Staat bezahlt werden. In anderen Bundesländern hat man damit sehr gute Erfahrungen gemacht.

Nicht zuletzt angesichts dieser Entwicklung sind auch die jüngsten Onlineaktivitäten der rechten Szene höchst alarmierend. So werden u.a. über die rechtsextreme Facebook-Gruppe „Gegen Linksradikalismus – München“ Personen, die sich für Flüchtlinge bzw. gegen Rechtsextremismus und Rassismus engagieren, namentlich (und mit Foto) genannt, diffamiert, eingeschüchtert und – in den Kommentarspalten – zum Teil mit dem Tode bedroht.


Alle weiteren Details können Sie der Schriftlichen Anfrage (pdf) entnehmen.

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