Positionspapier
Starke Politik für Kinder und Jugendliche während der Pandemie
Die Corona-Pandemie bestimmt seit fast zwei Jahren den Alltag von Kindern und Jugendlichen. Sie und ihre Familien haben zum Schutz aller in den vergangenen Jahren auf vieles verzichtet und damit Enormes geleistet. Bei den Maßnahmen der Söder-Regierung bilden Kinder und Jugendliche jedoch immer das Schlusslicht – egal, ob es um mangelhafte Testkonzepte in Kita-, Schul- und Hortbetrieben geht, oder um den „Freizeit-Lockdown“ für viele Jugendliche ab 14 Jahren. Im Rahmen unserer Jahresauftaktklausur haben wir Grüne deswegen ein Positionspapier (PDF) für starke Politik für Kinder und Jugendliche während der Pandemie vorgelegt.
Einschränkungen für Kinder und Jugendliche letztes Mittel
Für uns Grüne ist weiterhin klar: Über Einschränkungen für Kinder und Jugendliche sprechen wir nicht zuerst, sondern zuallerletzt. – Katharina Schulze
Wir müssen alles daransetzen, Kinder und Jugendliche in dieser schwierigen Zeit aufzufangen und zu unterstützen. Mit der neuen grünen Bundesfamilienministerin zieht diese Haltung und die richtige Prioritätensetzung nun auch endlich auf Bundesebene ein.
Pandemie belastet physische und psychische Gesundheit
Was die Pandemie für das Leben und für die physische und die psychische Gesundheit von Kindern und Jugendlichen bedeutet, belegt inzwischen eine Vielzahl an Studien: Bewegungsmangel, Übergewicht, lange Bildschirmzeiten, Einschränkungen des sozialen Miteinanders, Angst, kaum Planungssicherheit und wenig außerschulische Kultur-, Sport-, Erholungs- und Bildungsoptionen beeinträchtigen die Lebensqualität unserer Kinder und Jugendlichen erheblich (1).
Die Söder- Regierung ist in Bayern in der Verantwortung, dem endlich entschieden entgegenzutreten!
Ein besonderes Augenmerk muss auf die seelische Gesundheit von Kindern und Jugendlichen aus einkommens- und bildungsschwachen Haushalten gelegt werden (2).
Wir Grüne fordern:
- Mehr psychotherapeutische Behandlungsplätze für Kinder und Jugendliche ermöglichen, indem mehr Kassenplätze für Psychotherapeut*innen und Fachärzt*innen für Psychiatrie und Psychotherapie für Kinder und Jugendliche entstehen.
- Psychische Gesundheit und psychische Überlastung stärker zu thematisieren – beispielsweise durch Informationskampagnen und Beratungsangebote an den Schulen und Präventionsangebote in der Jugend- und Sozialarbeit
Fortbildungen für Fachkräfte in Kita und Schulen ausbauen, um sie für auftretende psychische Probleme zu sensibilisieren. - Deutlich bessere Vernetzung zwischen ambulant und stationärer Behandlung sowie zwischen Jugendhilfe und Psychotherapie.
- Sport- und Bewegungsangebote für Kinder und Jugendliche zu stärken, um den nachweislich positiven Effekt von Sportaktivitäten auf die physische Gesundheit zu fördern.
- Psychische Gesundheit im Pandemiemanagement mehr in den Fokus nehmen und nach dem Vorbild Baden-Württembergs eine Task-Force für psychische Gesundheit von Kindern und Jugendlichen in der Pandemie mit Vertreter*innen der stationären und ambulanten Psychiatrie, psychologischen Beratungsstellen, Jugendhilfe, Jugendsozialarbeit und Betroffenenverbände einzurichten.
Kinder brauchen Kinder – Kita-Betrieb absichern
- Mit einer Kombination aus PCR-Pooltests und Antigen-Schnelltests wollen wir die Sicherheit für Kinder und Personal in den Kitas und der Kindertagespflege erhöhen, um so die Einrichtungen dauerhaft offen halten zu können.
- Der Freistaat ist in der Verantwortung, dieses Testkonzept zentral und analog zu den Grundschulen bereitzustellen und zu finanzieren.
- Die Testdurchführung soll von externem, medizinisch geschultem Personal übernommen werden, um das Kita-Personal und die Eltern zu entlasten und die Sicherheit der Durchführung zu erhöhen.
- Solange die Infrastruktur für die PCR-Pooltests noch nicht bereitsteht, soll das Verfahren zum Erhalt der Selbsttests entbürokratisiert werden, sodass die Eltern die Sets ohne Berechtigungsschein direkt in den Einrichtungen mitnehmen können.
- Die Aufteilung der Kinder in feste Gruppen und das Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes innerhalb der Räumlichkeiten seitens des Kita-Personals wird beibehalten, bis die Situation unter deutlich rückläufigem Infektionsgeschehen neu bewertet werden kann.
- Kinder bleiben von geltenden Kontakt- und Zugangsbeschränkungen ausgenommen, solange durch die regelmäßige Testung in den Einrichtungen eine zeitnahe Unterbrechung von Infektionsketten gewährleistet werden kann und das spezifische Infektionsgeschehen innerhalb dieser Altersgruppe es zulässt.
- Bayernweit sind flächendeckende Aufklärungs-, Beratungs- und Impfangebote für die Impfung gegen das Corona-Virus für Kinder zwischen 5 und 11 Jahren bereitzustellen.
Jugendliche sind nicht nur Schüler*innen – Freizeitangebote absichern
- Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren erhalten Zugang zu allen Bereichen nach der 3G-Regel, auch dann, wenn für Erwachsene 2G oder 2G plus Einschränkungen gelten, denn Erwachsene können und müssen mehr schultern.
- Sport, Kultur, Jugendarbeit, Jugendhilfe, auch aufsuchende Jugendhilfe, müssen in Präsenz in den Einrichtungen und Jugendzentren stattfinden können. Für Kinder und Jugendliche ist der Zugang nach der 3G-Regel sicherzustellen.
- Die Lücken in der Berufsberatung und Beratung an den Übergängen zwischen Schule und Ausbildung oder Studium sowie in den Beruf hinein haben sich verschärft. Um Jugendlichen, in Zeiten, in denen sozialer Austausch und Kontakt sowieso schon auf ein Minimum reduziert werden, bei solchen wichtigen Entscheidungen nicht allein zu lassen, müssen diese Angebote dringend ausgebaut werden.
- Jugendsozialarbeit an Schulen, arbeitsweltbezogene Jugendsozialarbeit und Schulsozialarbeit müssen weiter konsequent ausgebaut werden.
- Soziales Miteinander muss wieder gestärkt werden, beispielweise durch die Förderung von Freizeit und Begegnungen, Reisen und Erlebnisse mit Schwerpunkt auf finanziell benachteiligten Jugendlichen. So sollen beispielsweise Schulfahrten mit Hygiene- und Testkonzepten stattfinden können und auch Projekte, die dem internationalen Austausch dienen, gefördert werden, so dass allen die Chance gegeben wird, daran teilzunehmen.
- Bayernweite barrierefreie, niedrigschwellige und mehrsprachige Informationskampagne für Eltern, Kinder und Jugendliche bzgl. der Impfung gegen das Coronavirus.
- Jugendzentren und andere Jugendhilfe- und Jugendbildungseinrichtungen werden befähigt, in Zusammenarbeit mit den Gesundheitsämtern und den Impfzentren, Impftermine vor Ort zu organisieren.
Bildung auch in Zeiten der Pandemie sicherstellen
Wir wollen Schulen offenhalten und dies so sicher wie möglich gestalten. Die Schule soll für Kinder und Jugendliche weiterhin erster Lern- und Begegnungsort bleiben.
Deshalb setzen wir uns ein für regelmäßige PCR-Pooltests für alle Schüler*innen, für das Impfen aller Erwachsenen an und im Umfeld der Schulen und für zunehmende Impfungen der Kinder und Jugendlichen. Schulen müssen zudem mit leistungsfähigen Internetanschlüssen und W-Lan ausgestattet sein.
Wir Grüne fordern:
- Für Schüler*innen, die in Quarantäne sind, muss regelmäßiger persönlichen Kontakt zu Lehrkräften (z.B. per Videosprechstunde) sowie eine systematische digitale Mitbeschulung sichergestellt werden.
- Unterricht während Corona bedeutet nicht „normales“ Lernen. Daher müssen die Vorgaben bzgl. Leistungsnachweisen, Erfüllung des Lehrplans, Vorrücken reduziert bzw. angepasst und vor Ort flexibel gehandhabt werden können.
- Nachholen von Basiswissen, Festigen von Schlüsselqualifikationen muss im Vordergrund stehen. Wenn der Unterrichtsausfall an Mittelschulen nicht ausgeglichen werden kann, dann fordern wir eine Stundenreduzierung und Konzentration auf die Fächer, die dieses Basiswissen und die Schlüsselqualifikationen vermitteln.
- In den Schulen sollen Präventionsprogramme zur psychischen Gesundheit, die wissenschaftlich evaluiert sind, verpflichtend durchgeführt werden. Ein Beispiel für ein solches Programm wäre DUDE.
- Schüler*innen brauchen in der Omikron-Welle, aber auch danach, Unterstützung und zusätzliche Angebote, um individuelle Lernlücken und ausgefallenes soziales Lernen ausgleichen zu können.
- In dieser Krisensituation, in der vor Ort schnell und kompetent Lösungen zum Wohle der Schüler*innen und für ihre Anwesenheit in der Schule gefunden werden müssen, müssen Schulleitungen besser mit rechtlicher und hygienefachlicher Beratung unterstützt werden.
- Um flexible Lösungen und modernen Unterricht anbieten zu können, brauchen Schulen die entsprechende digitale Infrastruktur.
- Im Sportunterricht in der Halle soll im Klassenverband sportliche Betätigung ohne Maske möglich sein.
Weitere Informationen entnehmen Sie bitte dem Positionspapier (PDF) für starke Politik für Kinder und Jugendliche während der Pandemie.
(1) siehe z. B. COPSY-Studie 2020, Kinder- und Jugendreport der DAK 2021, BARMER-Arztreport 2021, Universitätsklinikum Essen 2022
(2) siehe RKI- Gesundheitsmonitoring