Katharina Schulze

Fraktionsvorsitzende der Grünen im Bayerischen Landtag

Antrag

Prävention und Deradikalisierung im Umgang mit islamistischen Terroristen im Justizvollzug

23. April 2015 in Anträge und Anfragen, Im Parlament |

Da immer mehr Personen auch im bayerischen Justizvollzug wegen Teilnahme und Verwicklung in islamistischen Terror inhaftiert sind, ist es wichtig, genau dort aktiv zu werden – und zwar ohne muslimischen Häftlingen einem Generalverdacht auszusetzen! Muslimische Strafgefangene müssen unterstützt werden, auch im Hinblick auf die Gefahr der Radikalisierung im Strafvollzug. Dieser Antrag (pdf) wurde zwar abgelehnt, aber die CSU hat viele unserer Punkte übernommen.

Interkulturelle Kompetenz von Justizbediensteten fördern

Justizvollzugsbedienstete besitzen eine hohe Verantwortung für die Inhaftierten und somit auch für die muslimischen Insassen, da sie täglich mit ihnen im Kontakt stehen. Deswegen ist es äußerst wichtig diese Bediensteten permanent aus- und fortzubilden, damit sie sich im Umgang mit Muslimen angemessen verhalten und wenn nötig auch etwaige Gefahren einer Radikalisierung erkennen können. In Bayern werden solche Schulungen beispielsweise schon vom Verfassungsschutz durchgeführt, trotzdem gibt es Verbesserungspotenzial.

Einen Schwerpunkt sollte hierbei die interkulturelle Kompetenz der Justizbediensteten darstellen, um mögliche kulturell-bedingte Missverständnisse von vornherein ausschließen zu können. Außerdem sollten auch Schulungen für die Inhaftierten hinsichtlich der Grundprinzipien der Demokratie und der Gesellschaftsordnung durchgeführt werden.

Muslimische Seelsorge in JVAs ausbauen

Die Seelsorge für muslimische Inhaftierte muss dringend verbessert werd. Derzeit ist es schwierig, für die Zusammenarbeit mit dem Justizvollzug, Imame zu finden, die nicht nur türkisch, sondern auch deutsch oder andere Sprachen muslimisch geprägter Länder, insbesondere arabisch, sprechen. Diese Sprachbarrieren müssen überwunden werden, indem mit muslimischen Verbänden kooperiert wird, damit diese sich um die Unterstützung der Aufgaben des Strafvollzuges bemühen.

Denkbar wäre hier etwa eine Kooperationsvereinbarung mit muslimischen Verbänden, die eine muslimische Seelsorge und Deutschkenntnisse der Imame gewährleistet. Eine Zusammenarbeit mit islamischen Institutionen wäre auch in Bayern wünschenswert, da damit weitere Bedingungen bezüglich der muslimischen Seelsorge wie Entschädigung etc. einheitlich festgelegt werden können.

Radikalisierung im Justizvollzug in Bayern verhindern

In Nordrhein-Westfalen wird ein Forschungsprojekt unter Zusammenarbeit von Islamwissenschaftlerinnen und Islamwissenschaftler eingeführt, dass die Situation muslimischer Gefangenen evaluiert und dabei Radikalisierungsgefahren und deren Bekämpfung in den Blick nimmt. Ein solches Projekt sollte auch in Bayern durchgeführt werden, um zum einen die aktuelle Situation von muslimischen Inhaftierten zu bewerten, zum anderem um in diesen Zeiten islamistischen Terrors vorbeugende Maßnahmen zu entwickeln. Die Prävention kann hierbei einen entscheidenden Aspekt in der Vermeidung von Rekrutierung und Radikalisierung im Justizvollzug spielen.

Muslimen, die aus der Haft entlassen werden, fällt die Wiedereingliederung in die Gesellschaft oftmals schwer. Aus diesem Grund soll beim Übergangsmanagement zur Unterstützung der Resozialisierung entlassener Häftlingen intensiv mit islamischen Institutionen, insbesondere Imamen, zusammengearbeitet werden. Ein solches Übergangsmanagement ist dabei auch präventiv zu bewerten, da salafistische oder islamistische Rekrutierungsversuche dadurch erschwert werden können. Eine derartige Unterstützung der muslimischen Häftlinge nach ihrer Entlassung kann sie von einer Rekrutierung und Radikalisierung abhalten.

CSU lässt sich von uns inspirieren – und lehnt Antrag ab

Der Verfassungsausschuss beschloss einen Antrag der CSU zum gleichen Thema, der Abwehr der islamistischen Radikalisierung von Strafgefangen. Auffälligerweise beinhaltete dieser Antrag fast die identischen Forderungen unseres Antrages, welcher zwei Wochen früher veröffentlicht wurde und in derselben Sitzung von der CSU abgelehnt wurde.

Wir haben unter anderem eine wissenschaftliche Erforschung und Evaluierung der islamistischen Radikalisierung im Justizvollzug gefordert, was von der CSU aufgrund der Kosten und des ihres Erachtens zu frühem Zeitpunkt der Untersuchung abgelehnt wurde. Unsere Forderung, die Seelsorge in JVAs nicht nur für türkische, sondern auch für arabische Muslime zu erweitern und zu unterstützen, wurde von der CSU abgelehnt, wobei die Abgeordnete Petra Guttenberger höchst zweifelhaft argumentierte, dass es keine arabische Imame gebe und das Angebot daher nicht ausgeweitet werden könne.

Inwieweit der Beschluss des CSU-Antrags nun wirklich erfolgreich umgesetzt wird, darf aufgrund der unzureichenden Finanzierung der Justiz bezweifelt werden. Dennoch wurde nun ein erster Schritt in einem verbesserten Umgang mit muslimischen Inhaftierten erreicht, der jedoch nicht ausreicht. Wir Grünen fordern eine Erhöhung für die Finanzierung der Justiz, um die beschlossenen Punkte auch wirklich erfüllen zu können.

Alle Details können Sie unserem Antrag (pdf) entnehmen.