Katharina Schulze

Fraktionsvorsitzende der Grünen im Bayerischen Landtag

Offener Brief an Innenminister Herrmann

Aufmarsch der Neonazis in Dachau

15. April 2014 in Unterwegs |

Man darf die Zivilgesellschaft im Kampf gegen Nazis nicht hängen lassen. In Dachau hatten die Behörden die Genehmigung eines Neonazi-Aufmarsches nicht bekannt gegeben, so dass sich eventuelle Gegenproteste formieren hätten können. Hier mein Brief an den Minister.

München, 15.04.2014

Aufmarsch der Neonazis in Dachau

Sehr geehrter Herr Staatsminister Herrmann,

am vergangenen Samstag, dem 12. April 2014, versammelten sich vor der Arbeitsagentur der Stadt Dachau ca. 30 Personen, die größtenteils behördlich als rechtsradikal bekannt sind, um mit Parolen wie „Arbeitsplätze zuerst für Deutsche“ gegen Migrantinnen und Migranten zu hetzen. Unter den Demonstrierenden war laut Medienberichten auch Karl-Heinz Statzberger, der aufgrund der Beteiligung an den Planungen für ein Bombenattentat auf das Jüdische Zentrum in München 2005 zu einer mehrjährigen Haftstrafe verurteilt wurde.

Obwohl die Dachauer Behörden, die Stadt, das Landratsamt und die Polizei über die Versammlungsanmeldung unterrichtet waren, informierten sie die Öffentlichkeit und Bürgerinitiativen gegen Rechtsextremismus nicht über den geplanten Neonazi-Aufmarsch. Eine breit organisierte gesamtgesellschaftliche Gegendemonstration, die gerade in Dachau deutlich macht, dass die Zivilgesellschaft keine braunen Umtriebe duldet, konnte somit nicht organisiert werden. Aufgrund der mangelnden Information durch die Behörden war lediglich ein spontaner Gegenprotest von Dachauer Bürgerinnen und Bürgern möglich.

Der Aufmarsch der Neonazis in Dachau reiht sich zudem ein in eine Reihe von Einschüchterungsversuchen gegenüber örtlichen Nazigegnerinnen und Nazigegnern. So wurden erst im Februar die Räumlichkeiten des Vereins Freiraum Dachau e.V. mit Sprüchen und Slogans wie „Anti-Antifa“, „Wir kriegen euch alle“, „NS“, „NSU“, „Judenschweine“, „White Power“ sowie mehreren Hakenkreuzen beschmiert. Umso wichtiger wäre es nicht zuletzt vor diesem Hintergrund gewesen, dass die Dachauer Zivilgesellschaft die Möglichkeit erhalten hätte, sich der erneuten Provokation der Neonazis entgegenzustellen.

Leider ist in jüngster Vergangenheit aber immer wieder zu beobachten, dass Behörden, Informationen über Demonstrationen, Aufmärsche oder Konzerte von Neonazis geheim halten. So sorgte im Herbst vergangenen Jahres ein Neonazi-Konzert im mittelfränkischen Scheinfeld mit rund 1000 Besucherinnen und Besuchern, über das die Öffentlichkeit ebenfalls nicht im Vorfeld informiert wurde, bundesweit für Aufsehen. Dabei ist es in vergleichbaren Fällen in manchen Kommunen – wie beispielsweise in München, Wunsiedel oder mittlerweile auch in Scheinfeld – längst gute Übung, die Öffentlichkeit frühzeitig und breit über geplante Aktionen von Neonazis zu informieren.

Wir fordern Sie deshalb auf, Polizeibehörden und Landratsämter anzuweisen, die Öffentlichkeit sofort zu informieren, wenn Neonazis Kundgebungen anmelden. Denn wir müssen unserer gemeinsamen Verantwortung gerecht werden: nicht wegschauen und nicht ignorieren, sondern vielfältig gegen Rechtsextremismus aktiv werden!

 

Mit freundlichen Grüßen

Margarete Bause, Fraktionsvorsitzende

Katharina Schulze, stellv. Fraktionsvorsitzende

 

Zu diesem Thema gab es auch eine Pressemitteilung.