Katharina Schulze

Fraktionsvorsitzende der Grünen im Bayerischen Landtag

Mein Artikel zur 3. Startbahn in der Zeitung des Münchner Forums

30. Dezember 2011 in Aktuelles |

Standpunkte, die Zeitung vom Münchner Forum, hat meinen Artikel zum Thema 3. Startbahn abgedruckt:

Damit erwidere ich auf den Text von der Flughafen München Gesellschaft in der selben Ausgabe:

Die gesamte Zeitung kann man sich auch hier als PDF herunterladen:

Hier mein gesamter Text abgedruckt:

Die Weltstadt mit Herz braucht keine 3. Startbahn!

Immer wieder versuchen VertreterInnen von der Flughafen München GmbH (FMG), CSU, FDP und SPD einem weis zu machen, dass München die 3. Startbahn braucht (siehe Artikel „Münchens Flughafen: So groß wie FRA, aber in MUC-Qualität“). Ein Blick in die Zahlen zeigt eindeutig: Dem ist nicht so.

Denn die Gesamtkapazität des Flughafens beträgt nach offiziellen Angaben 520.000 Flugbewegungen pro Jahr. (siehe Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt e.V., Flughafenkoordination Deutschland, Arbeitsgemeinschaft Deutscher Verkehrsflughäfen) 2008 gab es das bisherige Maximum mit 432.000 Flugbewegungen. In den Jahren 2009 und 2010 sank die Zahl um fast zehn Prozent auf 390.000. Aller Voraussicht nach wird 2011 noch nicht einmal das Niveau des Jahres 2006 erreicht. Es ist also noch genug Luft nach oben und der Flughafen hat noch auf Jahrzehnte ausreichend Reserven. Vor allem wenn man bedenkt, dass durch den stark zunehmenden Kostendruck, z.B. durch steigende Ölpreise, die Fluggesellschaften immer mehr dazu übergehen, größere Flugzeuge einzusetzen, statt mehr Verbindungen anzubieten.

Es wird deutlich: Der Flughafen München soll zum Drehkreuz ausgebaut werden. 2009 ist die Zahl der UmsteigerInnen auf 37% gestiegen, mit der 3. Startbahn soll bis 2020 der Anteil auf 47% steigen. Rechnet man das um, bedeutet es, dass 2020 eine komplette Start- und Landebahn nur dem Umsteigerverkehr dienen soll! Diese Wirtschaftspolitik ist nicht nur ökologisch völlig fehlgeleitet, sondern hat auch für die Stadt München keinerlei Mehrwert: auf einem Drehkreuz 3. Startbahn kommen weder mehr TouristInnen nach München noch kurbelt es die Wirtschaft an. München trägt nur die finanziellen Lasten, sowie Lärm, Verschmutzung, Umweltzerstörung. Hauptnutznie-ßer dieser Drehkreuzkoalition sind die Luftverkehrsgesellschaften wie die Lufthansa und die FMG. Und wie und wer bezahlt das Luxusprojekt? Bisher heißt es, dass die Baukosten 1,2 Milliarden Euro betragen werden. Bekanntlich wurden solche Anfangsschätzungen bei Großprojekten bislang noch nie eingehalten. Staatsregierung und FMG wiederholen zwar gebetsmühlenhaft, dass für den Bau angeblich keine „zusätzlichen Steuermittel“ verschwendet würden, angesichts des Schuldenstands der FMG von gesamt rund 2,727 Milliarden Euro, davon 492 Millionen Euro bei den Gesellschaftern (Freistaat Bayern, Bundesrepublik Deutschland, Stadt München) muss die Frage erlaubt sein, wie die FMG dieses Projekt aus eigener Kraft finanzieren will. Die Stadt München hält 23% der FMG-Anteile und haftet demnach gegebenenfalls zu knapp einem Vierteil für die Schulden.

Abgesehen von den nüchternen Zahlen sprechen noch mehr Gründe gegen den Bau der 3. Startbahn: Mehr als 1000 Hektar Vogelschutzgebiet würden vernichtet werden und die AnwohnerInnen im Flughafenumland mit noch mehr Lärm und Abgasen belastet. Immer mehr Beschwerden kommen nicht mehr nur noch aus den Landkreisen Freising und Erding, sondern auch aus München und Landshut. Die geplante Kapazitätserhöhung lässt die Anzahl der Betroffenen dramatisch steigern, denn die genauen Flugrouten sind noch nicht bekannt. Fakt ist, dass der Korridor der Einflug- und Abflugschneisen breiter werden würde und damit auch mehr über München geflogen würde. Außerdem passen Klimaschutz und die Ausweitung des Flugverkehrs nicht zu-sammen. Allen ist hinreichend bekannt, dass Treibhausgase eingespart und nicht weiter emittiert werden müssen. Dazu passt es nicht, eine Landebahn in die Landschaft zu betonieren, auf der verstärkt Umsteigerflüge innerdeutsche Städte anfliegen. Gerade die Landeshauptstadt München, die u.a. Gründungsmitglied im Klimabündnis e.V. ist, muss an dieser Stelle mit gutem Beispiel vorangehen. Offiziell sollen bis 2030 die CO2-Emissionen um mindestens 50% gegenüber dem Referenzjahr 1990 gesenkt werden – die Erweiterung des Flugverkehrs ist dafür ein Signal in die falsche Richtung. Denn schon jetzt der Flughafen München für 10 Prozent aller Treibhaus-gase Bayerns verantwortlich – das muss weniger werden und nicht mehr!

Wachstumsdenken stößt aufgrund zunehmend knapperer Ressourcen an seine Grenzen.

Und schon kommt man zu dem entscheidenden Punkt: Wenn FMG-Geschäftsführer Dr. Kerkloh von „nicht kleckern, sondern klotzen“ spricht und sich immer weiteren Wachstumsphantasien hin gibt, dann muss man klar sagen: Das althergebrachte Wachstumsdenken stößt aufgrund der sich zunehmend verknappenden Ressourcen an seine Grenzen! Kein anderer Verkehrsträger ist so stark von einem steigenden Ölpreis betroffen wie der Flugverkehr. Peak Oil, die Spitze der Ölförderung, wurde schon längst erreicht. Es ist naiv zu glauben, dass in 10 oder 20 Jahren Erdöl immer noch so uneingeschränkt und vergleichsweise preiswert zur Verfügung stehe wie heute, alle ExpertInnen, auch die Internationale Energieagentur IEA, stimmen dieser Analyse zu. Nur die FMG verschließt die Augen. Die Diskussion um den Ausbau des Münchner Flughafens ist deshalb zentral und weichenstellend für unsere Zukunft: In welche Art von Verkehrsinfrastrukturprojekten möchten wir investieren? In intelligente Verkehrsprojekte oder betonierten Großbauten, die zu Lasten der nachfolgenden Generationen gehen?

Ich halte die immer gleichen Wachstumsargumente für falsch und schädlich. Der Vorwurf der Fortschritts- oder Wirtschaftsfeindlichkeit kommt von älteren Herren, die größtenteils seit Jahr-zehnten wichtige Positionen in Politik und Wirtschaft einnehmen und Fortschritt in Kubikmeter verbautem Beton messen. Ich würde hier die Frage umdrehen: Sind nicht diejenigen fortschritts-feindlich, die dem Wachstumswahn verfallen sind, aber keine Vorstellung davon haben, wie sozial und ökologisch innovatives Wirtschaften aussieht? Die sich keine Gedanken machen, wie die Metropolregion München sich für die kommenden Jahrzehnte aufstellt? Kerkloh und Co. geben z.B. keine Antwort auf die Frage, wo in München und im Umland bezahlbarer Wohnraum für die zuziehenden Menschen entstehen soll und kann. Deswegen sind die Argumente der Startbahnbefürworter, eine 3. Startbahn könnte Arbeitsplätze und Wirtschaftswachstum schaffen, nur Nebelkerzen. Im Vordergrund stehen wirtschaftliche Einzelinteressen der größten deutschen Fluggesellschaft, die von einer überambitionierten Flughafengesellschaft unterstützt wird, die davon träumt, dem größten deutschen Flughafen Frankfurt den Rang abzulaufen. Wir Bürgerinnen und Bürger sind jetzt gefragt, die Weichen für eine lebenswerte und generationengerechte Zukunft zu stellen – dafür braucht es keine 3. Startbahn!

Autorin: Katharina Schulze, Sprecherin Münchner Bündnis gegen die 3. Startbahn

Gegenwärtig läuft ein Bürgerbegehren gegen die dritte Startbahn. Das Bündnis „München gegen die 3. Start-bahn“ sammelt Unterschriften zur Verhinderung der 3. Startbahn, damit es zu einem Bürgerentscheid kommt und die Bevölkerung über den Bau abstimmen kann. Mehr Informationen, Unterschriftenliste und Eintragungs-orte findet man auf www.keinestartbahn.de