Katharina Schulze

Fraktionsvorsitzende der Grünen im Bayerischen Landtag

Grüne Strategie gegen Rassismus und Diskriminierung

Ein Sicherheitsnetz für alle Menschen in Bayern!

29. Oktober 2021 in Anträge und Anfragen, Im Parlament |

Wir Grüne wollen ein Bayern, das frei von Diskriminierung ist. Dafür nehmen wir das Heft des Handelns in die Hand und kreieren ein Sicherheitsnetz für alle Menschen in Bayern. Zusammen mit meiner Kollegin Gülseren Demirel, Sprecherin für Asyl, Migration und Flucht, und Hamado Dipama, Netzwerk Rassismus- und Diskrminierungsfreies Bayern, Arbeitsgemeinschaft der Ausländer-, Migranten- und Integrationsbeiräte Bayerns habe ich deswegen heute unsere grüne Handlungsstrategie gegen Rassismus, Antisemitismus und jede Form gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit vorgestellt.

Diskriminierung, ob sie sich in Herabwürdigung oder körperlicher Gewalt ausdrückt, ist leider ein gesamtgesellschaftliches Problem – und betrifft sogar unsere staatlichen Stellen. – Katharina Schulze

Fühlen sich alle Menschen in Bayern sicher?

Können sich queere Menschen, PoC, Jüd*innen oder Personen mit Migrationsbiografie in Bayern sicher fühlen?

Aktuelle Zahlen Bayerischer Beratungsstellen gegen Diskriminierung und gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit lassen daran zweifeln:

  • Die Münchner Beratungsstelle BEFORE für Betroffene von rechter und gruppenbezogen menschenfeindlicher Gewalt und Diskriminierung verzeichnete 2020 einen Anstieg ihrer Beratung um 22,73 Prozent auf 324 Fälle.
  • Die Bayerische LGBTQ* Beratungsstelle Strong! meldete für den Zeitraum bis Oktober 2021 bereits 149 Gewalt- und Diskriminierungsfälle gegen queere Personen. Noch vor Jahresende bedeutet das einen Anstieg der Fälle zum Vorjahr um fast 50 Prozent.
  • Die Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus Bayern (RIAS Bayern) registrierte 2020 insgesamt 239 antisemitische Vorfälle in Bayern. Auch hier ist die Tendenz zum Vorjahr steigend (32 Prozent mehr).
  • Auch die aktuellen Zahlen der Bayerischen Polizeistatistik sind besorgniserregend: Bei der Bayerischen Polizei wurden für 2021 (Stand 30. September) bereits 783 Fälle von Hasskriminalität erfasst. Bei 341 Straftaten konnte eine antisemitische Tatmotivation nachgewiesen werden. Das Vorjahresniveau (353 antisemitische Straftaten) wurde damit jetzt schon, noch vor Jahresende fast erreicht.

Grüne Handlungsstrategie

Wir Landtags-Grünen möchten dagegen vorgehen und stellen unsere grüne Handlungsstrategie gegen Rassismus, Antisemitismus und jede Form gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit vor.

Sie beinhaltet: Einen grünen Gesetzentwurf für ein Bayerisches Landesantidiskriminierungsgesetz (PDF), einen Landesaktionsplan gegen Rassismus, Antisemitismus und gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit (PDF) sowie ein daraus resultierendes Antragspaket (PDF) mit konkreten Maßnahmen – unter anderem der Einrichtung einer Landesantidiskriminierungsstelle.

Bei der Pressekonferenz mit Gülseren Demirel und Hamado Dipama.

 I. Bayerisches Landesantidiskriminierungsgesetz

Diskriminierung durch das Handeln öffentlicher Stellen, beispielsweise in Schulen, Behörden oder durch die Polizei, ist noch immer ein Tabuthema. Schnell wird der Vorwurf eines Generalverdachts gegen den gesamten öffentlichen Dienst erhoben. Die Realität ist eine andere.

In der gemeinsam mit der Hochschule Landshut und den Landtags-Grünen durchgeführten Studie „Queeres Leben in Bayern“ vom Mai 2020 gaben 31 Prozent der befragten queeren Personen an, schon einmal in Ämtern und anderen Verwaltungseinrichtungen diskriminiert worden zu sein.

Nach unserer Recherche betreffen die Anfragen bei den kommunalen Antidiskriminierungsstellen in Bayern regelmäßig Fälle von staatlicher Diskriminierung. Eine Beratung ist in diesen Fällen jedoch kaum möglich, da es an einem Gesetz fehlt, mit dem sich Betroffene effektiv wehren können.

Das soll sich mit dem Bayerischen Landesantidiskriminierungsgesetz ändern!

Unser Gesetz gewährleistet, dass Menschen, die Diskriminierung in Justiz, Verwaltung oder bei der Polizei erleben, sich wehren können. – Katharina Schulze

II. Bayerische Landesantidiskriminierungsstelle

Bayern verfügt momentan über sechs kommunale Antidiskriminierungsstellen (München, Augsburg, Regensburg, Würzburg, Nürnberg, Erlangen). Doch diese können den Beratungsbedarf für 13 Millionen Bürger*innen unmöglich abdecken, zumal sie nur innerhalb ihres eigenen Wirkungskreises tätig werden dürfen.

Kommt eine Anfrage beispielsweise aus Landshut oder Passau kann sie nicht bearbeitet werden. Der Verweis auf die Antidiskriminierungsstelle des Bundes läuft häufig ins Leere.

Allein im Jahr 2020 mussten dort 6.383 Beratungsanfragen gestemmt werden. Der Anstieg zum Vorjahr um 78,3 Prozent führte dazu, dass die telefonische Beratung zeitweise eingestellt werden musste.

Betroffenenverbände und kommunale Antidiskriminierungsstellen schlagen Alarm und fordern seit Jahren eine zentrale Anlaufstelle für Bayern. Ob Betroffene von Diskriminierung oder gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit qualifiziert beraten und unterstützt werden, darf keine Frage des Wohnortes sein.

Wir Landtags−Grünen machen die Einrichtung einer Bayerischen Landesantidiskriminierungsstelle deshalb zum zweiten großen Programmpunkt unserer Handlungsstrategie.

III. Landesaktionsplan gegen Rassismus, Antisemitismus und gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit

Diskriminierung und menschenfeindliche Einstellungen wie Rassismus, Antisemitismus, Sexismus oder LGBTQI* Feindlichkeit betreffen alle Bevölkerungsgruppen. – Katharina Schulze

Wenn es zu einer Straftat oder Diskriminierung gekommen ist, ist es für Betroffene eigentlich schon zu spät. Studienergebnisse zeigen, dass es beispielsweise bei Personen, die Diskriminierung erleben, mehr als dreimal so häufig zu einem Burnout kommt, Depressionen treten mehr als zweimal so häufig auf.

Deshalb ist eine Politik gefragt, die Betroffenenrechte stärkt, Präventionsarbeit unterstützt und Vielfalt fördert.

Wir Grüne in Bayern ergreifen mit unserem Landesaktionsplan gegen Rassismus, Antisemitismus und gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit die Initiative und legen ein umfassendes Maßnahmenpaket mit über 50 Handlungsvorschlägen für unterschiedliche gesellschaftliche Bereiche vor.

Einige Beispiele:

  • Aufbau eines eigenen Landesprogramms zur Unterstützung zivilgesellschaftlicher Akteur*innen

Zivilgesellschaftliches Engagement wird in Bayern hochgeschätzt. Rund 47 Prozent der Menschen im Freistaat engagieren sich in ihrer Freizeit ehrenamtlich. Viele davon in Organisationen, die gegen Diskriminierung kämpfen, sich für benachteiligte Gruppen einsetzen oder gesellschaftliche Vielfalt fördern.

Die finanzielle und ideelle Unterstützung kommt derzeit hauptsächlich vom Bund durch Bundesprogramme wie „Demokratie leben!“. Das muss sich ändern. Das grüne Maßnahmenpaket sieht den Aufbau eines eigenen Landesprogramms zur Unterstützung zivilgesellschaftlicher Akteur*innen vor.

  • Überarbeitung der Internetseite der Bayerischen Polizei für eine schnelle und hürdenfreie Information

Die Landtags-Grünen fordern in ihrem Maßnahmenkatalog eine Überarbeitung der Internetseite der Polizei. Betroffene von Hasskriminalität müssen sich schnell und hürdenfrei informieren können!

  • Ausarbeitung eines Landesprogramms für mehr Diversität in der Verwaltung

Wir wollen eine Bayerische Verwaltung mit Repräsentationscharakter. Dafür sehen wir in unserem Landesaktionsplan die Ausarbeitung eines Landesprogramms für mehr Diversität in der Verwaltung vor.

  • Kostenfreie Zertifizierung der herkunftssprachlichen Sprachkompetenzen für Schüler*innen an der Volkshochschule

Wir Grüne sehen darin ein zusätzliches Bildungspotenzial, das es auszuschöpfen gilt. Schüler*innen sollen die Möglichkeit erhalten ihre herkunftssprachlichen Sprachkompetenzen kostenfrei an der Volkshochschule zertifizieren zu lassen. Vielfalt ist keine Hürde, sondern eine Chance.

Wir wollen ein diskriminierungsfreies Bayern!

Wir Grüne wollen ein Bayern, das frei von Diskriminierung ist. Dafür nehmen wir das Heft des Handelns in die Hand und kreieren ein Sicherheitsnetz für alle Menschen in Bayern! – Katharina Schulze.

Weitere Informationen entnehmen Sie bitte dem grünen Gesetzentwurf für ein Bayerisches Landesantidiskriminierungsgesetz (PDF), dem Landesaktionsplan gegen Rassismus, Antisemitismus und gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit (PDF) sowie dem Antragspaket mit konkreten Maßnahmen im Sinne des Landesaktionsplans (PDF).