Katharina Schulze

Fraktionsvorsitzende der Grünen im Bayerischen Landtag

Antrag

G20: Ja zur Versammlungsfreiheit – Nein zur Gewalt

20. Juli 2017 in Anträge und Anfragen, Im Parlament |

Am 20. Juli 2017 haben wir über G20-Gipfel in Hamburg im Plenum diskutiert. Ich habe für unsere Fraktion unsere Haltung zu den gewaltätigen Ausschreitungen, dem Polizeieinsatz und der Politik der G20 Staaten deutlich gemacht. Unseren Antrag „Ja zur Versammlungsfreiheit, gegen Gewalt und blinde Zerstörungswut“ (PDF) wurde leider nicht angenommen.

Meine Rede findet ihr hier:

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

lieber Herr Herrman, ich habe nicht ganz vestanden was diese Show gerade eben sollte. Am Anfang haben sie ja noch recht differenziert argumentiert, aber am Ende sind sie schon wieder in ihr Schwarz-Weiß Schema reingerutscht und haben die bürgerlihce Mitte und die Grünen zu Polizeihassern stilisiert – und das verbitte ich mir. Es ist schäbig und durchsichtig, diejenigen die zu Schaden gekommen sind, für ihre Zwecke zu instrumentalisieren.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, die gewalttätigen Ausschreitungen während des G20 Gipfels sind inakzeptabel. Gewalt ist kein legitimes Mittel der politischen Auseinandersetzung – egal ob sie von der extremen Rechten oder der extremen Linken kommt. Das Infragestellen des staatlichen Gewaltmonopols, die Angriffe auf Polizistinnen und Polizisten, die Zerstörung von Eigentum – gewaltbereiter Protest kann weder geduldet noch gerechtfertigt werden. Ganz abgesehen davon: Mir konnte noch niemand schlüssig erklären, wie ein brennendes Auto oder der geplünderte Supermarkt auch nur irgendwie  die Welt besser machen soll – weil es sie auch nicht besser macht!

Ich fand bereits die Berichte über die verstörenden Gewaltakte schrecklich anzuschauen. Wie schlimm muss das erst für die Polizistinnen und Polizisten, für die Rettungskräfte vor Ort gewesen sein. Und auch für deren Angehörige und Freundinnen und Freunde. Wir sagen danke für deren Arbeit und wünschen den Verletzten gute Besserung.

Es ist selbstverständlich, dass dieser Einsatz parlamentarisch nachbearbeitet wird. Es ist gut, dass es dafür einen Sonderausschuss in der Hamburger Bürgerschaft gibt. Das ist in einem Rechtsstaat üblich und richtig. Ich bin deswegen von dem wenig selbstkritischen Umgang der CSU, CDU und auch SPD, allen voran Bürgermeister Scholz überrascht. Kurze Erinnerung: Der G20 Gipfel war eine Veranstaltung der Kanzlerin und das Sicherheitskonzept war mit der Bundesregierung abgestimmt. Sie sind Teil der Bundesregierung. Ein CDUler führt das Innenministerium – er ist für das Sicherheitskonzept zuständig.

Und da habe ich schon einige Fragen:

Warum konnte es zu solchen Gewaltexzessen kommen? Es waren über 20.000 Polizeikräfte vor Ort – es ist bedrückend, dass dieses Aufgebot die Lage nicht immer im Griff hatte. Wo gab es Fehleinschätzungen? Die Verantwortlichen wussten, dass viele Gewalttäter aus dem In- und Ausland anreisen werden und trotzdem war die Schanze am Freitagabend stundenlang in der Hand der Randalierer. Wer immer noch sagt, die Polizeistrategie ist total aufgegangen, der erzählt eine Geschichte, die nicht stimmt.

Wie konnte die Hamburger Polizeiführung denn eine Einsatztaktik verfolgen, die im Vergleich zu anderen vergleichbaren Lagen seit Jahrzehnten als überholt gilt? Beispielsweise zeigt sich doch in Berlin am 1. Mai, dass Deeskalation wirken kann.

Wie kann denn ein SPD-Bürgermeister davon sprechen, dass es keinerlei Gewalt von Polizisten gab? Herr Scholz, sie laufen anscheinend blind durch die Welt. Es gibt Foto- und Videoaufnahmen, die eine andere Sprache sprechen. Nein, es gab keine allumfassende strukturelle Polizeigewalt, die allermeisten Polizeibeamte haben sich richtig verhalten, aber ein paar eben nicht. Und das muss man a) so benennen und b) auch aufarbeiten.

Wurde die Pressefreiheit eingeschränkt? Warum wurden 32 Journalisten nachträglich ihre Akkreditierung entzogen? Da würde ich auch mal gerne von Ihnen, CSU, etwas hören – aber das Thema scheint sie wohl nicht zu interessieren.

Das muss aufgearbeitet werden, damit es in Zukunft möglichst nicht mehr zu solchen Situationen kommt. Und ja, natürlich müssen die Gewalttäter bestraft, eine bessere europäische Zusammenarbeit erfolgen und die Prävention gegen Radikalisierung und Gewalt ausgebaut werden. Denn auch linksextreme Gewalt ist nicht nur ein Fall für die Sicherheitsbehörden. Es ist auch ein Fall für die Zivilgesellschaft.  

Und wissen sie, was mich auch ärgert? Die kriminelle Gewalt ging ganz klar auf die Kosten der inhaltlichen Diskussion. Über 100.000 Menschen haben friedlich, kreativ und bunt gegen die Politik der G20 Staaten demonstriert – darüber wird nicht gesprochen, dabei wäre das so wichtig.

Der G20 Gipfel hat viele Verlierer produziert: Die Anwohnerinnen und Anwohner, die in Angst und Schrecken waren und die nicht geschützt werden konnten, all die deren Eigentum zerstört worden ist, die Polizistinnen und Polizisten, die in gefährliche Situationen geraten sind, die friedlichen Demonstrantinnen und Demonstranten, deren Protest und Vorschläge für eine bessere Welt buchstäblich untergegangen sind. Und vor allem: all die Menschen in den Ländern, die die fehlende Handlungsfähigkeit der G20 in Sachen Klimaschutz und fairer Handel zu spüren bekommen – und unter Umständen auch ihre Heimat verlassen müssen, weil sie keine Lebensgrundlage mehr haben.

Denn der G20 Gipfel war auch inhaltich kein Erfolg: Das Abschlusspapier ist nicht Ausdruck neuer globaler Ambitionen, sondern es verfestigt die Spaltung, die sich spätestens durch Trumps Alleingänge angedeutet hat. Was bleibt, ist auch ein Scherbenhaufen im Bereich der internationalen Klimapolitik und des fairen Welthandels.

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Es gilt das gesprochene Wort.

Die Rede kann man sich auch hier ansehen

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