Katharina Schulze

Fraktionsvorsitzende der Grünen im Bayerischen Landtag

Debatte im Plenum

Für unsere Bürgerrechte!

19. Juli 2017 in Im Parlament |

Am 19. Juli 2017 gab es eine heftige Debatte im Bayerischen Landtag. Es ging um das Gesetz zur effektiveren Überwachung gefährlicher Personen von der CSU. Wir GRÜNE haben von Anfang an die Grundrechtseingriffe kritisiert, eine Expertenanhörung durchgesetzt und uns auch im Plenum gegen das Gesetz gestellt. Außer uns GRÜNE hat leider keine andere Fraktion ein klares Zeichen für die Bürgerrechte gegeben. Schade! Meine Rede könnt ihr hier nachlesen:

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,

immer kurz vor der Sommerpause peitscht die CSU noch ein verfassungsrechtlich höchst fragwürdiges Gesetz durch den Landtag. Vor einem Jahr war es das Verfassungsschutzgesetz. Heute ist es das Gesetz zur effektiveren Überwachung gefährlicher Personen.

Ja, wir möchten, dass die Menschen in unserem Land frei und sicher leben. Gegen Terroristen muss zielgerichtet und konsequent vorgegangen werden. Und ja: Natürlich müssen wir Gefährder engmaschig überwachen. Und natürlich müssen wir dafür unsere Polizei gut ausstatten, damit die ihren Job machen können. Auch muss der Informationsaustausch verbessert und eine europäische Sicherheitspolitik forciert werden. Wir möchten, dass unsere Gesetze konsequent angewendet werden, aber wir wollen keine neuen unscharfen Gesetze, die zu Lasten der Rechtssicherheit und der Bürgerrechte gehen.

Das Gesetz, das wir heute im Plenum diskutiert haben, ist nicht nur aus verfassungsrechtlichen, sondern auch aus polizeipraktischen Gründen abzulehnen.

Hier wird ein neuer Begriff der „drohenden Gefahr“ eingeführt. Der ist viel zu unscharf. Es ist total unklar, wie die „drohende Gefahr“ rechtsstaatlich sauber angewendet werden kann und soll. Kein Richter weiß, wie er das auszulegen hat. Außerdem werden polizeiliche Befugnisse in das sogenannte Gefahrenvorfeld ausgedehnt – es findet also eine Vernachrichtendienstlichung der Polizei statt. Das haben uns die Expertinnen und Experten in der Anhörung auch bestätigt.

Kommen wir zur Präventivhaft: Da muss man ja schon dankbar sein, dass die Verbandsanhörung und die Expertenanhörung die unbegrenzte Ingewahrsamnahme der CSU ausgeredet hat (spricht ehrlich gesagt aber Bände wie wichtig der CSU Bürgerrechte sind…). Aber auch in der jetzigen Variante können Menschen bis zu drei Monate, mit der Möglichkeit auf Verlängerung, präventiv in Haft genommen werden. Bisher geht das nur, wenn von den Personen eine konkrete Gefahr ausgeht – so ist das auch verfassungsrechtlich auch richtig. Wir wollen keine Schutzhaft in Bayern!

Ganz abgesehen davon, dass dieser Gesetzentwurf vor Diskrepanzen nur so strotzt. Offiziell soll mit dem Gesetz der Terrorismus bekämpft werden. Der Datenschutzbeauftragte Prof. Dr. Petri formuliert es in seiner Stellungnahme sehr passend: Die Gefahr besteht, dass das geplante Gesetz in erster Linie in die Freiheitsrechte der „Normalbürger“ eingreift. Die Einschreitschwelle bei polizeilichen Standardmaßnahmen wie etwa der Identitätsfeststellung oder der Durchsuchung einer Person werden massiv herabgesenkt.

Ganz abgesehen von den praktischen Gegenargumenten:

Die Elektronische Fußfessel ist ein Sicherheitsplacebo. Das sehen nicht nur die ExpertInnen so, sondern auch das Innenministerium hat das auf meine Anfrage hin bestätigt: „Keine besondere Wirkung kann die „elektronische Fußfessel“ dagegen insbesondere bei Selbstmordattentaten entfalten“. Und da hat sie total recht! Es gibt leider schon Beispiele aus der Praxis, wo ein Selbstmordattentäter in Frankreich trotz Fußfessel einen Anschlag begangen hat. Trotz Fußfessel weiß ich doch nur wo die Person ist und nicht was sie macht, ob sie gerade Instruktionen am Telefon für den nächsten Anschlag gibt oder den Fernzünder drückt. Man kann auch ohne Bewegung Schaden anrichten. Vor allem kann ich dann nicht mehr heimlich die Person observieren, wenn ich denen eine Fußfessel umhänge, hat auch der letzte bemerkt, dass die Sicherheitsbehörden ihn wohl im Blick haben.

Es darf nicht sein, dass die CSU immer mit ihrer unseriösen, maßlosen Sicherheitspolitik durchkommt. Es passiert ein furchtbarer Anschlag und die CSU opfert ein weiteres Stück unserer Bürgerrechte. Neben Sicherheit zu gewährleisten, haben wir als Parlamentarierinnen und Parlamentarier aber auch die Aufgabe die Bürgerrechte zu wahren. Und deswegen werden wir Grüne dieses Gesetz ablehnen.

— es gilt das gesprochene Wort —

Die Rede kann man auch hier ansehen (Link zu Video des Bayerischen Landtags).


Hier eine Auswahl meiner Kritik am „Gefährder-Gesetz“: