Katharina Schulze

Fraktionsvorsitzende der Grünen im Bayerischen Landtag

Analyse

Neuer Landtag, neue Regierung: Zukunft statt „weiter so“

6. November 2018 in Im Parlament |

Der Landtag hat den neuen und alten Ministerpräsidenten gewählt. Ich finde, diesem Anfang wohnt so gar kein Zauber inne. Ein Bündnis der Mutlosen, eine Gestern-Koalition, hat sich dafür zusammengetan. Deshalb habe ich im Parlament gleich angekündigt: Wir Grüne bringen Farbe ins Spiel. Verlassen Sie sich drauf!

Bayern: Mit uns die Zukunft

Die politische Frage der heutigen Zeit lautet: Gehen wir endlich die drängenden Herausforderungen der Zukunft an oder nicht? Wir Grüne sagen Ja. Und die anderen Parteien schwurbeln sich mit „eigentlich schon, aber so richtig doch nicht, lasst mich mal kurz überlegen, jein“ durch das politische Geschäft. Das ist grob fahrlässig.

Wir brauchen echten Klima- und Umweltschutz. Nicht nur Absichtserklärungen, sondern konkrete Maßnahmen. – Katharina Schulze

Deswegen muss der Ausbau der erneuerbaren Energien vorangetrieben werden, mit dem Ziel 100% saubere und sichere Energie für Bayern. Wenn Schwarz-Orange das ernst meint, dann muss das Windkraftverhinderungsgesetz 10ha endlich fallen. Wenn sie den Artenschutz ernst nehmen, dann braucht es einen dritten Nationalpark in Bayern. Dann müssen wir endlich mit weniger Ackergiften auskommen.

Wenn Söder und Aiwanger es mit sauberem Wasser ernst meinen, müssen wir schrittweise aus der Massentierhaltung aussteigen. Wenn wir in den Städten wieder saubere Luft atmen wollen, dann brauchen wir eine Verkehrspolitik, die uns nicht länger den Atem raubt. Und warum stoppen wir nicht endlich die dritte Startbahn am Münchner Flughafen statt eines windelweichen Moratoriums, bei dem im Hintergrund schon die Pläne für einen weiteren Ausbau des Drehkreuzes München geschmiedet werden?

Zukunft gestalten bedeutet auch, dafür zu sorgen, dass die Politik des Landes mit der längst gelebten Vielfalt in Bayern Schritt hält. Das beginnt bei einer paritätischen Besetzung von allen Führungsgremien – und damit meine ich auch das Kabinett – und geht weiter mit einer gleichen Bezahlung für die gleichwertige Arbeit für Frauen.

Wir feiern im Jahr 2018 100 Jahre Frauenwahlrecht – und ich habe keine Zeit noch mal 100 Jahre zu warten, bis wir endlich beim Thema Gleichberechtigung weiter gekommen sind. – Katharina Schulze

Die Hälfte der Macht und der Ressourcen für die Frauen. Die gleichen Chancen und Rechte in allen Lebensbereichen, da muss Politik an strukturelle Diskriminierungen ran. Wir Grüne beraten die neue Regierung gerne kraftvoll aus der Opposition!

Politische Akteure haben dafür zu sorgen, dass Menschen selbstbestimmt leben können. Egal welches der vielen Geschlechter ich bin, egal ob ich homo- oder heterosexuell bin, egal ob meine Eltern hier schon geboren sind oder ich erst neu in Bayern angekommen bin. Jedem und jeder stehen die gleichen Rechte und Chancen zu – und es ist auch die Verantwortung von Herrn Söder, dafür zu sorgen, dass alle Bürgerinnen und Bürger sich diskriminierungsfrei entfalten können.

Das Bedürfnis Freiheit und Sicherheit in Einklang zu bringen ist auch eine der großen Herausforderungen. Da haben die Menschen ein gutes Gespür: Die wissen, dass wir eine gut ausgestattet Polizei brauchen. Die wissen, dass wir in Prävention investieren müssen. Sie wissen aber auch, dass Bürgerrechte einschränken, falsch ist. Zehntausende Menschen sind vor der Wahl gegen das Polizeiaufgabengesetz auf die Straße gegangen – und Schwarz-Orange hat in ihrem Koalitionsvertrag nicht drauf reagiert. Da erwarten wir noch Nachbesserungen.

Kraftvoll Bayern gestalten

Das sind alles Herausforderungen, die angepackt gehören. Zur Ehrlichkeit gehört, dass niemand ein Patentrezept hat, wie wir das alles bewältigen. Aber es gibt vielversprechende Ideen. Die brauchen aber eines: nämlich den Mut, die drängenden Fragen offen zu stellen und die Bereitschaft, Bestehendes zu ändern und wo nötig, auch radikal und grundlegend. Was wir brauchen, sind Architektinnen und Architekten, die gemeinsam mit den Bürgerinnen und Bürgern unsere Zukunft bauen. Was im neuen Koalitionsvertrag geliefert wird, sind dagegen nur Bauanleitungen für mittelmäßig begabte Heimwerker.

Als stärkste Oppositionsfraktion werden wir die Stimme all derer sein, die sehen und wissen: Weiter so ist nicht die Antwort. – Katharina Schulze

Denn vom Biedermeier ist der Weg zur fahrlässigen Brandstiftung unter Umständen recht kurz. Wir werden klar und deutlich den Veränderungswunsch der Bevölkerung artikulieren – und laden den neuen Ministerpräsidenten herzlich dazu ein, unseren Vorschlägen zu folgen. Denn bislang ist die schwarz-orange Koalition eine recht blasse Angelegenheit. Deshalb habe ich im Parlament angekündigt: Wir Grüne bringen Farbe ins Spiel. Verlassen Sie sich drauf!

Alter und neuer Ministerpräsident Söder

Söder ist ein Mann, der sich schon in so vielen verschiedenen Rollen inszeniert hat, dass man kaum weiß, wer er wirklich ist. Und was seine unerschütterlichen Überzeugungen sind. Nur eine Sache war immer klar: es geht ihm vor allem um Macht. Seit acht Monaten darf Markus Söder Ministerpräsident von Bayern sein. Jetzt stand er erneut zur Wahl. Ich habe ihn in meiner Rede daran erinnert, dass es ein großes Privileg ist, in der momentanen Zeit Politik machen zu dürfen. Ein Land gestalten zu dürfen. Den Zusammenhalt zu stärken und die Schönheit der Demokratie zu verteidigen.

Ein Ministerpräsident muss Brücken zu bauen, keine Gräben aufreißen. Gerade in der heutigen Zeit: Wir haben einen Rechtsruck – nicht nur in der Gesellschaft, sondern auch im Parlament. – Katharina Schulze

Wir leben in Zeiten, in denen vermeintliche Selbstverständlichkeiten nicht mehr selbstverständlich sind. In denen man Menschlichkeit, die Stärkung der Demokratie, Solidarität und Toleranz aktiv verteidigen und ausbauen muss. Und da reicht es nicht aus, nur nicht mehr das Falsche zu sagen. Nicht spalten ist noch nicht zusammenführen. Brücken bauen bedeutet, das Richtige zu sagen, das Richtige zu tun, um den Zusammenhalt zu stärken. Auch daran werden wir den Ministerpräsident und seine Regierung messen.