Katharina Schulze

Fraktionsvorsitzende der Grünen im Bayerischen Landtag

Zu Gast in der Münchner Runde (BR)

Alptraum Einbruch: Wie können wir uns besser schützen?

27. Mai 2015 in Im Parlament, Unterwegs |

Münchner Runde zum Thema Wohnungseinbrüche (Screenshot)

Die Zahl der Wohnungseinbrüche steigt und steigt: in Bayern zuletzt um über 28 Prozent. Für Betroffene ist der Einbruch in die eigene Privatsphäre auch psychologisch eine große Belastung. Wer sind die Täter? Wie können wir uns besser schützen? Darüber habe ich im Bayerischen Fernsehen in der Münchner Runde unter anderem mit Innenminister Hermann (CSU) diskutiert. Dabei habe ich deutlich gemacht, dass Kriminalität soziale Ursachen hat und man mit Prävention, Intervention und Repression dagegen kämpfen muss.

Die Aufklärungsquote von Einbrüchen in Bayern ist mit 15,5% leider immer noch gering, darum weiß man auch nicht viel über die TäterInnen. Aber: Kriminalität hat soziale Ursachen – die muss man konsequent angehen. Die Forderung der CSU nach einem höheren Strafmaß für Einbrüche halte ich für reine Symbolpolitik, denn wer glaubt, durch Strafverschärfung abschreckende Wirkung zu erzielen, hat von Kriminalwissenschaft nichts verstanden.

Es gibt kaum Daten über Wohnungseinbrüche

Nach der Polizeilichen Kriminalstatistik hat die Zahl der Wohnungseinbrüche in den vergangenen Jahren deutlich zugenommen, deutschlandweit. Dabei gibt es große regionale Unterschiede, sowohl bei der Häufigkeit und Vorgehen, als auch bei der Aufklärungsquote und Verurteilungen. Fakt ist, dass aus Sicht der kriminalistisch-kriminologischen Forschung das Phänomen Wohnungseinbruchdiebstahl (WED) nicht hinreichend erforscht, es mangelt an Wissen. Die verfügbaren Daten entstammen aus sogenannten Hellfeldstatistiken der Strafverfolgungsbehörden. Weil die Aufklärungsquote so gering ist, kann man natürlich zu den Identitäten der unbekannt Tatverdächtigen nichts sagen.

Leider nutzen auch die BürgerInnen die präventiven Angebote zu wenig, um Einbrüche zu verhindern: über 70% haben nach einer aktuellen Studie keinerlei Sicherheitstechnik eingebaut. Dabei wissen Kriminalexperten: Je leichter es den Tätern gemacht wird, desto eher kommt es zum Einbruch. Beliebte Angriffsstellen sind vor allem Haus- und Wohnungstüren, Fenster und Fenstertüren.

Katharina Schulze in der Münchner Runde (Screenshot)

Katharina Schulze in der Münchner Runde (Screenshot)

Was man über Einbrüche in Bayern weiß

In Bayern sind Wohnungseinbrüche von 2013 auf 2014 um 30% gestiegen. 50% der Tatverdächtigen sind nicht deutscher Herkunft und ca. 28% unter 21 Jahren. Das betrifft natürlich nur diejenigen, die überhaupt geschnappt wurden, insofern sind diese Zahlen wenig aussagekräftig. Deutschlandweit sind zwei Drittel der Tatverdächtigen deutscher Herkunft, überwiegend männlich und eher jünger.

Im bundesweiten Vergleich fällt Bayern mit dieser Quote aber auf: In Baden-Württemberg und dem Saarland gab es nur einen Anstieg um 20%, in vielen anderen Bundesländern Rückgänge der Einbrüche (z.B. in Thüringen und Niedersachsen). Die Einbruchszahlen in den Stadtstaaten, Großstädten und in NRW sind besonders hoch. In zwei Drittel aller Fälle werden weniger als 5.000 Euro entwendet. Wenn man all dies weiß – und viele Fragen bleiben offen – liegt die These nahe, dass viele Wohnungseinbrüche eben nicht nur durch osteuropäische Banden, sondern auch durch viele Kleinkriminelle begangen werden.

CSU betreibt reine Symbolpolitik mit Forderung nach härteren Strafen für Einbrecher

Wer glaubt, durch Strafverschärfung Abschreckung zu erreichen, irrt: EinbrecherInnen lassen sich davon kaum abhalten. Statt härtere Bestrafungen zu fordern (wie die CSU), sollte man grundsätzlich die Ursachen für Eigentums- und Vermögensdelikte in den Fokus rücken. Vieles spricht dafür, dass die seit Jahren wachsende Einkommens- und Vermögensungleichheit dabei eine gewichtige Rolle spielt: In keinem anderen EU-Land ist das Vermögen so ungleich verteilt wie in Deutschland. Die reichsten 0,1 Prozent der Bevölkerung besitzen über ein Viertel des Gesamtvermögens, die ärmere Hälfte der Bevölkerung dagegen nur zirka 1 Prozent. Noch dramatischer ist das Vermögensgefälle zwischen den EU-Ländern, was ja gerade bei den grenzüberschreitend operierenden Einbrechern eine Rolle spielen dürfte. Daher müssen präventive Maßnahmen auch genau dort ansetzen. Der empirisch nachgewiesene Zusammenhang zwischen sozialen Problemen und Kriminalitätsbelastung muss auch von der CSU akzeptiert werden.

Moderatorin Ursula Heller, Katharina Schulze und Arno Helfrich von der Polizei München (v.l.n.r.)

Moderatorin Ursula Heller, Katharina Schulze und Polizist Arno Helfrich (Screenshot)

Arno Helfrich vom Polizeipräsidium München betonte, dass die Polizei mehr Daten, zum Beispiel von Handys bräuchte, um sinnvoll kriminelle Banden verfolgen zu können. Gerade beim Thema Daten muss man sensibel vorgehen, das ist uns sehr wichtig.

Im Falle von Wohnungseinbrüchen und Diebstahl durch Banden ist eine Auswertung und eine Überwachung der Telekommunikationsdaten bereits jetzt nach geltenden Gesetz möglich.

Was Bayern tun sollte, um Einbrüche zu verhindern oder besser aufzuklären

Wir Grüne sind der Meinung, dass wir ein mehrstufiges Modell brauchen:

Mehr Prävention: Verbesserung des technischen Einbruchschutzes, beispielsweise bei einer energetischen Sanierung gleich den Einbruchsschutz mitdenken. Auch weil so wenig Wohnungseinbrüche aufgeklärt werden, werden diese als polizeiliches Problem, nicht als gesellschaftliches Problem wahrgenommen. Die Ursachen von Einbruchskriminalität liegen u.a. in sozialen Rahmenbedingungen (sowohl regionalen, als auch überregionalen), deshalb muss endlich die hohe soziale Ungleichheit in Deutschland grundlegend bekämpft werden.

Schnellere Aufklärung: Kriminalistisch gut ausgebildetes Personal für eine qualifizierte Tatort-, Ermittlungs- und Analysearbeit, vor allem schnelle Untersuchungsergebnisse zu Tatortspuren können zur Aufklärung beitragen.

Bessere Vernetzung: Durch Kooperation der Behörden frühzeitig die Tatserien überregional agierender TäterInnen identifizieren sowie gezielte polizeiliche Intervention und Tatortarbeit. Den Informationsfluss zwischen den Bundesländern und Behörden zu verbessern war eine der Konsequenzen aus der NSU-Mordserie, leider ist die Umsetzung noch nicht konsequent genug.

Aussagekräftige Datengrundlage (kriminologisch und sozialwissenschaftlich), um in den Bereichen  Soziales, Gesundheit, Schule, Bildung, Polizei und Justiz gemeinsam an Lösungsansätzen arbeiten: Ein solcher „Multi-Agency-Ansatz“ gilt als besonders effektiv und effizient bei Analyse und Prävention.