Katharina Schulze

Fraktionsvorsitzende der Grünen im Bayerischen Landtag

Maischberger

Kaum Chefinnen, weniger Geld: Frauen werden benachteiligt.

15. November 2018 in Unterwegs |

Katharina Schulze bei „Maischberger“ (Screenshot)

Frauen werden in allen gesellschaftlichen Bereichen seit Jahrhunderten benachteiligt. Gestern Abend diskutierte ich bei der Sendung „Maischberger Talk“ über den Stand der Gleichstellung in Deutschland. Ich plädierte für eine faire Bezahlung, die Hälfte der Macht für Frauen und ein Aufbrechen typischer Rollenklischees. Hier meine Standpunkte zum Nachlesen.

Ungleiche Bezahlung ist Fakt

Im ARD-Film „Keiner schiebt uns weg“, der unmittelbar vor der „Maischberger“-Sendung ausgestrahlt wurde, kämpfen drei Frauen Ende der 1970er um gleichen Lohn für Frauen und Männer in der Firma.

Auch in Bayern verdienen Frauen und Männer sehr unterschiedlich. Der sogenannte „Gender Pay Gap“ liegt bei 24%. Das liegt daran, dass bei uns überdurchschnittlich viele Frauen in Teilzeit arbeiten (71%), ein Nebeneffekt jahrlanger Politik der CSU, die die Mütter daheim sehen wollte. Zusätzlich haben wir in Bayern einen großen Anteil von Beschäftigten in der Metall- und Elektroindustrie und das sind traditionell immer noch Berufe, die hauptsächlich Männer erlernen. Diese guten bezahlten Jobs der Ehemänner plus Ehegattensplitting plus kostenlose Mitversicherung der Ehefrauen in der Krankenversicherung tragen dazu bei, dass viele Frauen gar nicht oder nur in Teilzeit arbeiten. Auch das neue CSU-Familiengeld, die es nur in Bayern gibt, trägt zum Fortbestand traditioneller Familienformen bei.

Seit Juli letzten Jahres gibt es ein Entgelttransparenzgesetz. Aber nur bei Unternehmen mit mehr als 200 Beschäftigten haben Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ein Auskunftsrecht. Übersetzt heißt das: Gerade mal 40 Prozent der erwerbstätigen Frauen können das Recht nutzen, zu wissen, was Kolleginnen und Kollegen verdienen. Betrieben ist es völlig freigestellt, ob sie ihre Entgeltstrukturen auf Benachteiligungen überprüfen. Wirksame Instrumente gegen strukturelle Benachteiligung haben Frauen nach dem Gesetz aber nicht.

Was ich besonders erschreckend finde: Sogar in den Branchen, in denen zum sehr großen Teil Frauen arbeiten, ist die Lohnlücke immer noch hoch. Im Bereich Gesundheit und Sozialwesen bei 21% und im Bereich Erziehung und Unterricht immer noch bei 13%.

Was tun gegen diese Ungleichheit

Wir brauchen endlich ein wirksames Gesetz mit verbindlichen und zertifizierten Prüfverfahren. Wir fordern, dass viel mehr Frauen einen Auskunftsanspruch erhalten, damit sie rausfinden können, was ihre Kollegen verdienen. Außerdem brauchen wir kollektive Rechtsschutzmöglichkeiten durch ein Verbandsklagerecht und die Ermöglichung von Gruppenverfahren, damit Frauen nicht weiterhin alleine den schwierigen Klageweg beschreiten müssen.

Für Frauen muss es möglich und auch attraktiv sein, mehr zu arbeiten. Das heißt auf Bundesebene braucht es eine andere Lösung als das traditionelle Ehegattensplitting. Dies ist ungerecht, da nur indirekt Kinder von Paaren profitieren, aber Alleinerziehende oder unverheiratete Eltern nicht profitieren. Auch so kann mittelfristig der Gender Pay Gap geschlossen werden.

Führungsebene: Frauen sind die Ausnahme

„Die Führungsschichten der Wirtschaft rekrutieren sich immer selber. Man greift lieber auf denjenigen zu, von dem man meint, sicher sein zu können, dass er so ist wie man selber“, sagt Edzard Reuter, einst Vorstandsvorsitzender von Daimler-Benz.

Eine von Männern nach männlichen Kriterien konstruierte Arbeitswelt verhindert systematisch einen beachtlichen Teil der Talente. Diese Missachtung können sich Unternehmen und Gesellschaft künftig nicht mehr leisten, wie eine Hochrechnung verdeutlicht: Bliebe die Beschäftigungsquote von Frauen auf dem aktuellen Niveau, fehlten in Europa binnen 30 Jahren 24 Millionen Arbeitskräfte.

Zwischen 1997 und 2017 stieg der Frauenanteil in Führungspositionen gerade mal um 3%-Punkte, dies zeigt sehr deutlich, dass die Selbstverpflichtung der Wirtschaft gescheitert ist. Immer noch werden weniger als ein Drittel aller Führungspositionen in deutschen Unternehmen von Frauen besetzt. Im EU-Vergleich schneidet Deutschland damit schlecht ab und landet nur im unteren Drittel.

Deshalb brauchen wir eine Geschlechterquote von mindestens 40% in Führungspositionen. Ich sage das in aller Deutlichkeit, weil ich davon überzeugt bin, dass wir anders nicht vorankommen. Wenn die Frauen die Hälfte der Bevölkerung stellen, gut ausgebildet sind, dann steht ihnen auch die Hälfte der Macht zu. In den Firmen wie in den Parlamenten.

Und das lohnt sich sogar wirtschaftlich! Studien etwa von McKinsey machen deutlich, dass Führungsgremien aus Männern und Frauen ökonomisch erfolgreicher sind als reine Männergremien. Demnach erzielen Firmen mit vielen Frauen im Vorstand eine bis zu 48% höhere Eigenkapitalrendite als Unternehmen ohne Frauen im Vorstand. Die McKinsey- Studie stellt allerdings auch fest, dass in einem Entscheidungsgremium mit zehn Personen mindestens drei Frauen vertreten sein müssen, um Einfluss ausüben zu können. Die klassische Einzelkämpferin kann wenig verändern.

Typisch Frau, typisch Mann?!

Von kleinauf werden unsere Interessen und Fähigkeiten vorgeprägt. Untersuchungen zeigen, dass in Deutschland extrem starke Stereotypen vorherrschen, z.B. gelten Frauen in Ingenieurberufen als unweiblich und haben mit viele Vorurteilen zu kämpfen. Das führt zu „klassischen Frauenberufen“, die dann auch noch schlecht bezahlt sind. Und zu sehr klaren Vorstellungen, was „männlich“ und was „weiblich“ sein soll.

Berufsorientierung soll Mädchen und Jungen gleichermaßen ein breites Spektrum beruflicher Tätigkeiten nahebringen. Die Begrenzungen von „Männer-“ bzw. „Frauen“-Berufen müssen bei der Berufsorientierung bewusst aufgehoben werden. Bei der Darstellung von Berufen und Tätigkeiten werden immer noch häufig Geschlechterklischees transportiert und so Berufe als ‚männlich‘ oder ‚weiblich‘ gekennzeichnet.

In der Schule könnte man darüber nachdenken, Mädchen und Jungen zeitweise und nur in bestimmten Fächern getrennt voneinander zu unterrichten. Es ist kein Geheimnis, dass Mädchen und Jungen einen anderen Zugang beispielsweise zu Technik oder Lesen haben.

Letztendlich tragen arbeitende, engagierte Mütter und Väter, die beide Teilzeit arbeiten und Elternzeit nehmen am besten dazu bei, Stereotype aufzubrechen.

„Maischberger“: Hitzige Diskussion über Gleichstellung in Deutschland

Sandra Maischberger moderierte die Diskussion zwischen Judith Williams (Unternehmerin), Ursula Engelen-Kefer (ehem. Gewerkschafterin), Reinhard K. Sprenger (Unternehmensberater), Hajo Schumacher (Journalist) und mir.

» Hier können Sie die Diskussion bei „Maischberger“ in der Mediathek ansehen.