Wahlgesetz
Ein Hälfte-der-Macht-Gesetz für Bayern
Wir Grüne kämpfen für echte Gleichberechtigung im Parlament und im Kabinett. Dazu wollen wir das Wahlrecht ändern: Reißverschlussprinzip bei Listen, Stimmkreis-Duos als Direktkandidierende und eine Verfassungsänderung, damit die Hälfte der Mitglieder der Staatsregierung und des Landtags weiblich oder divers sind. Wie genau das funktioniert, erkläre ich Ihnen hier.
Die Hälfte unserer Gesellschaft ist weiblich. Dennoch sind Frauen in Deutschland in Wirtschaft, Verwaltung und Politik nur zu einem weit geringeren Teil an der Macht beteiligt. Damit sich dies zumindest im Bayerischen Landtag und dem bayerischen Kabinett ändert, legen wir Landtags-Grünen jetzt ein „Hälfte-der-Macht-Gesetz“ vor, das durch Änderungen im Wahlrecht einen höheren Frauenanteil im Parlament sicherstellen soll.
100 Jahre nach Einführung des Frauenwahlrechts ist es jetzt Zeit für den nächsten Schritt: Hälfte der Macht für Frauen in den Parlamenten! – Katharina Schulze
Berücksichtigung diverser Personen
Sowohl in der Bayerischen Verfassung als auch im Grundgesetz steht, dass der Staat aktiv sich für echte Gleichberechtigung einsetzen muss. (Art. 3 Abs.2 GG: „Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.“. Solche Hälfte der Macht-Gesetze gibt es in zehn EU-Mitgliedsstaaten und seit kurzem auch im Bundesland Brandenburg. Unser Gesetzentwurf orientiert sich an Regelungen, wie sie in Frankreich und in Brandenburg gelten und verfolgt vier zentrale Ansätze:
Parteien, die zur Landtagswahl in Bayern antreten, stellen ihre Wahlkreislisten so auf, dass mindestens die ungeraden Listenplätze an Bewerberinnen gehen, die weiblich oder divers sind (Vorbild ist hier das so genannte „Reißverschlussprinzip“). So soll sichergestellt werden, dass über die Wahlkreislisten ein höherer Anteil Frauen in den Landtag gewählt wird.
Die Zahl der Stimmkreise wird halbiert, sodass aus jedem Stimmkreis ein Kandidaten-Duo direkt in den Landtag gewählt wird. Dieses Duo muss mindestens aus einer weiblichen oder diversen Person und einer männlichen oder diversen Person bestehen. So soll die Zahl der Direktmandate für Frauen angehoben werden.
In der Bayerischen Verfassung wird festgelegt, dass die Hälfte der Mitglieder der Staatsregierung und im Parlament weiblich oder divers sind.
Um dem Dritten Geschlecht und nicht-binären Personen Rechnung zu tragen, werden stets auch Personen, die sich als divers identifizieren, explizit genannt und für alle Kandidaturen zugelassen.
Denn der Frauenanteil im Bayerischen Landtag ist bei den Wahlen im Oktober 2018 zum zweiten Mal in Folge gesunken und liegt derzeit bei 26,8 Prozent. Von 91 Direktmandaten gingen 19 an Frauen (20,8 %). Und in der Bayerischen Staatsregierung stellen Frauen 6 von 18 Kabinettsmitgliedern (33,3 %). Diese Zahlen unterstreichen die Notwendigkeit für ein „Hälfte-der-Macht-Gesetz“, das die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen in der bayerischen Landespolitik fördert und institutionell absichert.
Ich bin überzeugt: Freiwilligkeit reicht nicht mehr, aber Regeln wirken schon. Ich will nicht mehr 100 Jahre auf Parité in den Parlamenten warten! – Katharina Schulze
Verfassungsänderung nötig
Unser grüner Gesetzentwurf sieht Änderungen an drei Artikeln der Bayerischen Verfassung vor, über die nach einem Zwei-Drittel-Beschluss des Parlaments die Bürgerinnen und Bürger abstimmen können. Sie umfassen die notwendige Stimmkreisreform sowie die Absicherung eines hälftigen Anteils von weiblichen oder diversen Personen unter den Mitgliedern des Landtags und der Staatsregierung.
Darüber hinaus müssen für die praxisgerechte Umsetzung mehrere Artikel des Landeswahlgesetzes angepasst werden. So sollen in Zukunft jeder Wählerin und jedem Wähler jeweils drei Stimmen zur Verfügung stehen, mit der je eine weibliche/diverse Stimmkreiskandidatin und ein männlicher/diverser Stimmkreiskandidat sowie ein Wahlkreisvorschlag gewählt werden können.
Der Gesetzentwurf wurde am 29. Januar eingereicht und wird in erster Lesung im Plenum des Bayerischen Landtags aufgerufen. Hier finden Sie den grünen Gesetzentwurf zum Download (PDF).