Verfassungsklage
Grüne klagen gegen Bayerische Grenzpolizei
Eine der größten Errungenschaften unseres vereinten Europas sind offene Grenzen zwischen den Mitgliedstaaten. Die von der CSU eingeführte Grenzpolizei verstößt nicht nur gegen die europäische Idee, sondern auch schwerwiegend gegen unsere Verfassung: Grenzschutz ist eindeutig und ausschließlich Sache des Bundes. Deswegen klagen wir dagegen!
Grenzkontrollen und Schlagbäume stehen für eine rückwärtsgerichtete Politik der Abschottung und gehören der Vergangenheit an, ein Symbol der Kleinstaaterei! -Katharina Schulze
Die CSU-Staatsregierung hat vergangenes Jahr eine eigene Bayerische Grenzpolizei aufgebaut. Wir Landtags-Grüne haben heute Klage vor dem Bayerischen Verfassungsgerichtshof eingereicht! Zusätzlich erhebe ich Popularklage gegen die Errichtung der Bayerischen Grenzpolizei. Hier unsere Klageschrift zum Download (PDF).
Was fordern wir?
- Wir fordern die Abschaffung der Bayerischen Grenzpolizei! Bayern liegt nicht nur im Herzen Europas, für viele Bayerinnen und Bayern ist Europa Herzenssache. Die Bayerische Grenzpolizei ist ein Symbol der Kleinstaaterei und Abschottung.
- Wir fordern die Rückkehr zum Schengen-System und ein Ende der Grenzkontrollen an der deutsch-österreichischen Grenze! Mit einem Dringlichkeitsantrag haben wir das Ende der europarechtswidrigen Grenzkontrollen an der deutsch-österreichischen Grenze gefordert. Die vorübergehenden Wiedereinführung von Grenzkontrollen ist auf zwei Jahre Höchstdauer begrenzt, das ist schon längst überschritten. Stattdessen wollen wir eine engere europäische Zusammenarbeit in der Polizeiarbeit.
- Wir fordern mehr Personal bei der Bayerischen Polizei in der Fläche und nicht an der deutsch-österreichischen Grenze! Die überstundengeplagte Bayerische Polizei braucht das zusätzliche Personal für die Bayerische Grenzpolizei an anderen Stellen viel dringender.
Hier die Einschätzung von Prof. Kingreen und mir im Video
Warum ist die Errichtung der Bayerischen Grenzpolizei verfassungswidrig?
Die Bayerische Grenzpolizei verstößt gegen die Bayerische Verfassung und gegen das Grundgesetz, denn sie untergräbt mit den ihr parallel zur Bundespolizei zugewiesenen Aufgaben und Befugnissen die föderale Kompetenzverteilung im Bereich des Grenzschutzes. Die Errichtung der Bayerischen Grenzpolizei verletzt die grundgesetzliche Kompetenzordnung von Bund und Ländern und verstößt damit gegen das Rechtsstaatsprinzip aus Art. 3. Abs. 1 S. 1 BV und gegen die damit verbundene Einschränkung der allgemeinen Handlungsfreiheit aus Art. 101. BV.
Der Freistaat Bayern darf keine Gesetze erlassen, die materielles Grenzschutzrecht regeln. Das hat zuletzt auch das Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung zum Bayerischen KFZ-Kennzeichenscanning (Beschluss vom 18. Dezember 2018 1 BvR 142/15) festgestellt: Im Bereich des Grenzschutzes liegt die ausschließliche Gesetzeskompetenz beim Bund.
Die Abgrenzung zwischen Bundes- und Landesgesetzgebungskompetenz für die materielle Gefahrenabwehr erfolgt danach, ob es um Befugnisse zum Schutz der Grenze geht (Gesetzgebungszuständigkeit des Bundes) oder ob eine vom Grenzschutz unabhängige Gefahr abzuwehren ist (Gesetzgebungskompetenz der Länder). Die Länder dürfen daher im Grenzgebiet zur allgemeinen Gefahrenabwehr tätig werden. Damit ist es möglich, die sogenannte Schleierfahndung durchzuführen. Diese Schleierfahndung kann sogar unmittelbar an der Grenze eingesetzt werden, um allgemeine Gefahrenabwehr zu betreiben, also beispielsweise die Identität einer Person festzustellen.
Für den Schutz der Außengrenzen ist aber allein die Bundespolizei zuständig. Es gibt keine bayerische, sondern nur eine bundesdeutsche Staatsgrenze.
Der neue Art. 5 Abs. 2 POG regelt ausdrücklich grenzpolizeiliche Aufgaben der Landespolizei wie die Überwachung der Grenzen (Nr. 2a) oder die Kontrolle des grenzüberschreitenden Verkehrs.
Die Errichtung einer eigenständigen Bayerischen Grenzpolizei schafft eine voll ausgestattete „zweite Polizei“ zum Schutz der Bundesgrenzen. Das ist verfassungswidrig! – Katharina Schulze
Warum klagen wir Landtagsgrünen vor dem Bayerischen Verfassungsgerichtshof (BayVerfGH)?
Die Verfassung des Freistaats Bayern eröffnet den Landtagsfraktionen die Möglichkeit mittels einer sog. Meinungsverschiedenheit nach Art. 75 Abs. 3 BV vor dem Bayerischen Verfassungsgerichtshof klären zu lassen, ob durch ein Gesetz die Bayerische Verfassung (unzulässig) geändert wurde. Es handelt sich bei dem Verfahren deshalb um eine Art abstrakte Normenkontrolle.
Wie lief die Einführung der Bayerischen Grenzpolizei ab?
Die Errichtung einer Bayerischen Grenzpolizei wurde vom heutigen CSU-Ministerpräsidenten Markus Söder im Januar 2018 und damit vor seiner Amtseinführung angekündigt. Es handelte sich dabei aus Sicht von uns Landtags-Grünen um ein rein populistisches Vorhaben.
Am 25. Mai 2018 verabschiedete die CSU-Mehrheit im Bayerischen Landtag das „Gesetz zur Neuordnung des bayerischen Polizeirechts“ vom 18. Mai 2018 und änderte darin „Art. 29 – Befugnisse für Aufgaben der Grenzkontrolle und Sicherung von Anlagen des Polizeiaufgabengesetzes (PAG)“. Damit bekam die bayerische Polizei eigene grenzpolizeiliche Befugnisse neben der Bundespolizei.
Am 18. Juli 2018 und damit noch vor ihrer organisationsrechtlichen Errichtung durch den am 1. August 2018 in Kraft getretenen Art. 5 des Polizeiorganisationsgesetzes (POG) hat die Bayerische Grenzpolizei ihre Tätigkeit aufgenommen. Dieser ungewöhnliche Vorgang wurde von uns Landtags-Grünen heftig kritisiert.
Die Bayerische Grenzpolizei ist das Symbol einer rückwärtsgerichteten Politik der Abschottung und des nationalen Isolationismus. Anstatt nur schöne Worte über ein starkes Europa bei Wahlkampfveranstaltungen zu verlieren, muss Markus Söder jetzt zeigen ob er es ernst meint, mit proeuropäischer Politik und die Bayerische Grenzpolizei wieder abschaffen. – Katharina Schulze
Weitere Details können Sie unserer Klageschrift (PDF) entnehmen.