Katharina Schulze

Fraktionsvorsitzende der Grünen im Bayerischen Landtag

CSU drückt Gesetz durch

Bedenkliches Verfassungsschutzgesetz beschlossen

7. Juli 2016 in Im Parlament |

Liest der Verfassungsschutz mit? Darf er das? Darum geht’s beim Verfassungsschutzgesetz.

Im Landtag gab es im Mai eine ExpertInnen-Anhörung zum neuen „Bayerischen Verfassungsschutzgesetz“, gegen den Willen der CSU. Wenig überraschend wurde dabei deutlich, dass das Gesetz der CSU rechtlich höchst bedenklich ist. Trotzdem hat die CSU es jetzt im Plenum durchgedrückt.

Spätestens nach der Selbstenttarnung des NSU war klar, dass sich der Verfassungsschutz umfassend reformieren muss. Anstatt Fehler zu beseitigen, werden jedoch mit dem Gesetz die Befugnisse des Verfassungsschutzes sogar noch ausgeweitet! Der Verfassungsschutz darf jetzt auch auf die Vorratsdaten zugreifen – das widerspricht dem Trennungsgebot. Außerdem wird die Kontrolle durch das Parlament eingeschränkt und Verdeckte Mitarbeiter sollen auch weiterhin Straftaten im Dienst begehen dürfen. Wir haben diesen Gesetzentwurf abgelehnt. Wir brauchen eine umfassende Reform des Verfassungsschutzes.

Hier meine Rede dazu im Plenum:

Verfassungsschutzgesetz: verfassungswidrig?

Der Entwurf der Staatsregierung zur „Reform“ des Verfassungsschutzes läuft nicht nur politisch in die falsche Richtung, sondern wird auch verfassungsrechtlich Probleme bringen. Ich äußerte hier bereits frühzeitig verfassungsrechtliche Bedenken, die sich jetzt erhärtet haben. Acht RechtsexpertInnen aus den Bereichen Verfassungs- und Verwaltungsrecht, des Datenschutz und der Praxis des Verfassungsschutzes waren sich bei der Anhörung bei uns im Ausschuss im Landtag einig: Unbedenklich ist der Entwurf der Staatsregierung zum neuen Verfassungsschutzgesetz keineswegs. Vor allem die Auslegungsspielräume des Verfassungsschutzes bei den zusätzlichen Rechten, die er bekommt, werden als zu groß bewertet.

Was darf der Verfassungsschutz jetzt?

Die Befugnisse des Bayerischen Verfassungsschutzes werden in dem CSU-Gesetz nicht klar genug genannt. Nachrichtendienstliche Methoden müssen aber meiner Meinung nach vom Gesetzgeber klar benannt werden. Sie dürfen nicht bestenfalls von einer Dienstvorschrift, schlimmstenfalls von dem/r BeamtIn vor Ort auf die Schnelle entschieden werden. Die ExpertInnen warnten zu Recht vor einer Verpolizeilichung der Nachrichtendienste. Das sogenannte Trennungsgebot zwischen Polizei und Geheimdienst muss weiterhin bestehen bleiben. Der Verfassungsschutz ist eben keine Gefahrenabwehrbehörde, darum darf er auch nicht auf die Vorratsdaten zugreifen!

Die ExpertInnen betonten in der Anhörung im Mai außerdem mögliche Auswirkungen des neuesten Verfassungsurteils zum Gesetz über das Bundeskriminalamtes auf den bayerischen Gesetzentwurf. Das Bundesverfassungsgericht hat erst vor zwei Wochen klargestellt, dass ein heimlicher Fernzugriff von Ermittlungsbehörden auf persönliche Daten nur unter strengsten Voraussetzungen und bei überragend wichtigen Rechtsgütern (wie Terrorismusabwehr) erlaubt ist. Ich finde, die Staatsregierung muss dringend ihren Entwurf überarbeiten und an die aktuelle Rechtsprechung anpassen: Das Gesetz muss den Kernbereich privater Lebensgestaltung viel mehr schützen. Unter dem Aspekt der Privatheit und der Grenzen staatlicher Ausforschung hätte die CSU den Entwurf ganz von vorn noch mal überarbeiten müssen. Außerdem habe ich große Bedenken, was die Voraussetzungen und Grenzen des Einsatzes von V-Leuten auf die bundesrechtlichen Grundlagen angeht, die gerade nicht unbedenklich sind. Die CSU zieht die falschen Konsequenzen aus der Selbstenttarnung des NSU!

Kontrolle durch das Parlament wird eingeschränkt

Schließlich schränkt das Gesetz die Rechte der Abgeordneten im Landtag ein. Ich bin ja selbst im geheim tagenden PKG (Parlamentarisches Kontrollgremium): Die Kontrolle der Geheimdienste ist ureigenes Recht der ParlamentarierInnen und wird durch das Gesetz nicht gestärkt, vielmehr geschwächt! Dabei sollte sich dieses Kontrollrecht daran messen lassen, was für jedes Gerichtsverfahren in Deutschland gilt – klare umfassende Rechtsgrundlagen und eine wirkliche Kontrolldichte zu jedem Sachverhalt –  davon ist das Gesetz meilenweit entfernt.

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