Katharina Schulze

Fraktionsvorsitzende der Grünen im Bayerischen Landtag

Positionspapier

Querdenker*innen entschlossen entgegentreten

21. Januar 2022 in Anträge und Anfragen, Im Parlament |

Bei den jüngsten Anti-Corona-Protesten wurden Messer mitgeführt, Polizist*innen und Pressevertreter*innen angegriffen und Kinder als Schutzschild missbraucht. Die „Querdenker-Szene“ radikalisiert sich mit erschreckender Geschwindigkeit und stellt mittlerweile eine ernstzunehmende Gefahr für die Innere Sicherheit in unserem Land dar. Aus diesem Grund haben wir Grüne im Rahmen unserer Jahresauftaktklausur einen 10-Punkte-Plan gegen Corona-Leugner*innen, Verschwörungsideologien und Rechtsextremismus (PDF) beschlossen. 

Diskussion um angemessene Pandemiebekämpfung legitim

Die Auseinandersetzung über den angemessenen Weg der Pandemiebekämpfung ist wichtig und Teil unserer freiheitlichen Demokratie. – Katharina Schulze

Wir alle ringen seit Beginn der Pandemie in den Parlamenten, in den Kommunen und in der Regierung um die besten Lösungen und stellen uns jeder Debatte.

Die Abwägung verschiedener Grundrechte, der Austausch unterschiedlicher Meinungen und widerstreitender Interessen gehören zu einer lebendigen Demokratie.

Darüber können die Proteste einer kleinen, demokratieabgewandten Gruppe nicht hinwegtäuschen.

„Querdenker-Szene“ hat sich sehr schnell radikalisiert

Die sogenannte „Querdenker“-Szene hat sich seit dem Frühjahr 2020 in einer erschreckenden Geschwindigkeit radikalisiert: Der versuchte Sturm auf den Berliner Reichstag und die Ermordung eines Mitarbeiters an einer Tankstelle in Idar-Oberstein zeigen, wie angespannt die Gefahrenlage ist.

Wir sehen, wie militante Impfgegner*innen und Corona-Leugner*innen systematisch das Versammlungsrecht in Bayern unterlaufen, bei ihren als „Spaziergänge“ getarnten Aufmärschen die Behörden an der Nase herumführen, Falschinformationen verbreiten und Polizei und Presse gewaltsam angreifen.

Bayern trauriger Spitzenreiter

Deutschlandweit nehmen die gewalttätigen Angriffe zu. Bayern ist (Stand 27.9.2021) trauriger Spitzenreiter: 922 Straftaten im Zusammenhang mit Corona gab es 2021 – das sind im Schnitt über 100 Delikte im Monat. Unter den genannten Straftaten waren 51 Gewalttaten.

Seit dem Start der Corona-Schutzimpfung (1.12.2020) gab es in Bayern bis Mitte September 2021 56 Straftaten im Zusammenhang mit Impfzentren.

Grüne Initiativen

Als Grüne Landtagsfraktion warnen wir seit dem Entstehen dieser Protestbewegung vor ihrer rasanten Radikalisierung.

Seit Mai 2020 haben wir mehrfach im Landtag beantragt, dass die Staatsregierung den demokratiefeindlichen Bestrebungen dieser Szene entschiedener entgegentreten muss.

„Querdenker*innen“ nutzen Corona-Krise aus

Die Proteste der Querdenkerbewegung geben nur vor, sich gegen das Tragen von Masken, die Impfung oder Kontaktbeschränkungen zu richten. In der Corona-Krise sehen sie die Chance zu einer Radikalisierung von relevanten Teilen der Bevölkerung und zu einer Destabilisierung des politischen Systems bis hin zu Bürgerkriegsszenarien.

Sie wollen gezielt unsere repräsentative Demokratie angreifen.

Die Querdenker*innen sind eine ernstzunehmende Gefahr, der wir mit aller Konsequenz des Rechtsstaats begegnen müssen; dennoch sind sie im demokratischen Diskurs nur eine sehr kleine und laute Minderheit.

Von einer viel zitierten Spaltung ist unsere Gesellschaft weit entfernt. – Katharina Schulze

Mehrheit der Bürger*innen verhält sich solidarisch

Der allergrößte Teil der Menschen in diesem Land trägt die Maßnahmen zur Eindämmung und Überwindung der Pandemie mit – und das aus Solidarität und Verantwortungsbewusstsein.

Diese Menschen halten unsere Gesellschaft zusammen – und gemeinsam und geschlossen werden wir die Pandemie überwinden.

Wir Grüne wissen: Der Hass, den die Querdenker*innen auf die Straße tragen, ist mit polizeilichen Mitteln allein nicht zu lösen. Prävention und Repression müssen Hand in Hand gehen.

Mit der Appeasement-Politik gegenüber den Querdenker*innen muss jetzt Schluss sein! – Katharina Schulze

Der grüne 10-Punkte Plan:

  1. Bayernweite Bewertung der Lage bei gewaltbereiten Protesten („Spaziergängen“) von Corona-Leugner*innen. Kommunen bei Auflagenbescheiden nicht allein lassen, enge Vernetzung der kommunalen Ordnungsbehörden und der Polizei unter der Federführung des Innenministeriums.
  2. Lageangepasste Einsatzstrategie der Polizei: Auflagen zum Infektionsschutz müssen von der Polizei kontrolliert und durchgesetzt sowie Verstöße sofort geahndet werden, inklusive der Bereitstellung von genug Polizeibeamt*innen sowie eines bestmöglichen Schutzes der Polizeibeamt*innen vor einer Corona-Infektion.
  3. Pressefreiheit durchsetzen: Polizei muss Angriffe auf Journalist*innen verhindern und dafür sorgen, dass Medienvertreter*innen ungehindert ihrer Arbeit nachgehen können. Das Recht auf ungehinderte und freie Berichterstattung muss gewährleistet werden.
  4. Ausweitung der Beobachtung und Analyse von demokratiefeindlichen und extremistischen Teilen der Querdenkerbewegung und Corona-Leugner-Szene durch die staatlichen Sicherheitsbehörden: Die Beobachtung darf sich nicht nur gegen einige wenige prominente Protagonist*innen der Bewegung richten, sondern muss alle demokratiefeindlichen, antisemitischen und verschwörungsideologischen Strömungen und Gruppierungen der Protestszene umfassen.
  5. Gut ausgestattete Sicherheitsbehörden: Die Kompetenzen und personellen Ressourcen der Sicherheitsbehörden werden insbesondere im Bereich der operativen Aufklärung und Ermittlung im Internet weiter gestärkt.
  6. Fort- und Weiterbildungsangebote für Mitarbeiter*innen von Sicherheitsbehörden über Inhalte, Codes und Wirkungsweisen von Verschwörungsideologien.
  7. Update fürs Netzwerk-Durchsetzungsgesetz: Plattformbetreiber*innen, soziale Netzwerke und Messengerdienste stehen in der Verantwortung gegen gewaltverherrlichende, menschenverachtende und demokratiefeindliche Verlautbarungen vorzugehen, entsprechende Inhalte zu löschen und einschlägige Kanäle oder Accounts zu sperren. Ausweitung des Netzwerk-Durchsuchungsgesetz auch auf Messengerdienste wie Telegram.
  8. Demokratieförderprogramm: Der Freistaat fördert zivilgesellschaftliche Projekte zur Prävention, Aufklärung und Beratung über demokratiefeindliche, antisemitische, rassistische und misogyne Verschwörungsmythen und sichert diese langfristig finanziell ab.
  9. Neue Radikalisierungsprozesse erkennen: Zur wissenschaftlichen Erforschung
    neuer Radikalisierungsprozesse bei Querdenker*innen und Corona-Leugner*innen sowie zur Dynamik von entsprechenden Verschwörungsideologien werden empirische Studien angeregt und gefördert.
  10. Der Gefahr einer Radikalisierung der Proteste gegen die Corona-Maßnahmen durch
    eine verstärkte Aufklärung über Ursachen und Folgen der Verbreitung des SARS-CoV-2-Virus entgegenwirken sowie eine transparente und faktenbasierte Kommunikation über die Entscheidungsgrundlangen für die getroffenen Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie

Weitere Informationen entnehmen Sie bitte dem 10-Punkte-Plan gegen Corona-Leugner*innen, Verschwörungsideologien und Rechtsextremismus (PDF) sowie