Katharina Schulze

Fraktionsvorsitzende der Grünen im Bayerischen Landtag

Kurz und schmerzlos: Darum brauchen wir die Frauenquote!

26. Februar 2012 in Aktuelles |

Immer wieder hört man sie: Die Möchtegern-Argumente von QuotengegnerInnen, die den Sinn dahinter nicht verstanden haben oder nicht verstehen wollen. Immer wieder trifft man auf sie: Bei von Postgender-faselnden Piraten z.B. bei Twitter, oder bei Diskussionen mit reaktionären Menschen im persönlichen Kontakt. Und wenn man dann auch noch die SZ am 25.2. (siehe unten) aufschlägt und eine eindrucksvolle Grafik über die Verteilung von Männern und Frauen in Vorständen sieht, ist es endgültig Zeit, kurz und schmerzlos mit den Mythen der Frauenquote aufzuräumen.

Argument 1: „Eine Quote ist Zwang.“
Ja, und? Wenn man eine Sache in den letzten Jahren gelernt hat, dann diese: Freiwillige Selbstverpflichtungen bringen nichts. 2001 gab es eine freiwillige Selbstverpflichtung zwischen Bundesregierung und Wirtschaft, die Anzahl der Frauen in Führungspositionen auf 50 Prozent zu erhöhen. Und, was sagen die Zahlen von 2011? Genau, ganze acht Personen von 188 Menschen in den Vorständen der DAX-Unternehmen waren Frauen. Das entspricht 4,26%. Anstatt freiwilliger Selbstverpflichtung braucht es ein Gesetz mit klaren Zielen und Sanktionen, wenn die Ziele nicht erreicht werden. Zehn Jahre hatten die Unternehmen Zeit, es freiwillig zu schaffen, jetzt reicht es.

Argument 2: „Die Quote ist diskriminierend den Männern gegenüber.“
Ja, und? Positive Diskriminierung ist in Ordnung. Laut Grundgesetz gilt seit über 60 Jahren in Deutschland, dass Frauen und Männer gleichberechtigt sind. Bei einer Männerquote von 96,6% in Vorständen kann von Gleichberechtigung nicht gesprochen werden. Frauen werden in allen gesellschaftlichen Bereichen seit Jahrhunderten benachteiligt, das steht im Widerspruch zum Grundgesetz und internationalen Recht. Eine gerechte Verteilung von Macht und Ressourcen wird gefordert, von einer Diskriminierung gegenüber den Männern kann also nicht gesprochen werden. Es ist allerhöchste Zeit, Männer, Macht abzugeben.

Argument 3: „Es gibt keine qualifizierten Frauen.“
Bitte was?! Das ist das dümmste Argument. Frauen haben bessere Noten in der Schule, mehr Frauen studieren und trotzdem tummeln sich in den Chefetagen hauptsächlich Männer. An qualifizierten Frauen mangelt es nicht. Ein gutes Beispiel ist Norwegen: Dort hat man problemlos genügend qualifizierte Frauen für die vorgeschriebene 40% Quote einstellen können. Dort hat sich vielmehr noch gezeigt, dass die Frauen, die in die Verwaltungsräte aufgenommen wurden, durchschnittlich sogar (formal) höhere Qualifikationen haben als ihre männlichen Kollegen.

Argument 4: „Niemand will eine Quotenfrau sein.“
Stimmt nicht. Ich bin z.B. gerne Quotenfrau. Dieses Argument ist eine Abwehrstrategie, da die Angst besteht, Einfluss, Macht, Ressourcen und Gestaltungsmöglichkeiten teilen zu müssen. Quotenfrauen lösen tief verwurzelte Denkmuster von Frauen und Männern auf. Ich schließe mich da Alexandra Borchardt (SZ) an „Lieber Quotenfrau als gar nicht Chefin. Denn wo Frauen führen, kommen Frauen nach.“

Die Argumente ziehen also nicht. Es ist offensichtlich und klar, dass die Frauenquote her muss und zwar schnell. Warum?

1) Frauen stellen die Hälfte der Bevölkerung und haben ein Recht auf die Hälfte der Macht.
2) Die männerdominierten Strukturen behindern Frauen in die Chefetagen zu kommen. Das fängt schon bei der unterschiedlichen Sozialisation von Mädchen und Jungen an. Mädchen wird beigebracht sich, zurückzunehmen, mehr auf Leistung zu setzen und bescheiden zu kommunizieren. Agieren sie laut und fordernd und streben nach Macht, wird das von Männern (und Frauen) negativ bewertet, da es den gesellschaftlichen Normen vom Weiblichsein widerspricht. Frauen brauchen also eine Struktur innerhalb die es ihnen ermöglicht die Hälfte der Macht zu erlangen.
3) Unternehmen mit weiblichen Vorstandsmitgliedern entwickeln sich deutlich besser als rein männerdominierte Unternehmen: Es schadet den Unternehmen, der Wirtschaft und der Demokratie, wenn Frauen weiterhin diskriminiert werden. Vielfalt ist also wie immer deutlich besser als „männlich, weiß und alt.“

Und ganz einfach:
4) Die Quote funktioniert (siehe Beispiel Norwegen oder BÜNDNIS 90/Die Grünen: In keiner anderen Partei, geschweige in anderen gesellschaftlichen Bereichen, sind annähernd 50% Frauen in Führungspositionen vertreten.)

Eines ist aber auch klar: Die Quote ist immer nur Mittel zum Zweck. Sobald es eine paritätische Verteilung an Ressourcen, Einfluss und Macht in unserer Gesellschaft gibt und die Gleichstellung der Geschlechter vollzogen ist, ist die Frauenquote überflüssig. Noch ist dieser Zeitpunkt lange nicht erreicht, darum brauchen wir die Quote. Und zwar heute anstatt morgen.

SZ Nr. 47, 25./26.02.2012