Katharina Schulze

Fraktionsvorsitzende der Grünen im Bayerischen Landtag

Mitentscheiden statt nur gefragt werden

Wir klagen gegen die sogenannte „Volksbefragung“

21. November 2014 in Aktuelles, Im Parlament, Unterwegs |

Katharina Schulze, MdL, klagt gegen die geplante Volksbefragung in Bayern

Katharina Schulze, MdL, klagt gegen die geplante Volksbefragung in Bayern

Heute haben wir unsere Klage gegen die scheindemokratische Volksbefragung der CSU-Staatsregierung eingereicht, denn sie ist verfassungswidrig. Wir Grüne kämpfen für echte Bürgerbeteiligung – mitentscheiden statt nur gefragt werden ist unsere Devise!

Die CSU-Staatsregierung plant noch in diesem Jahr die Verabschiedung eines Gesetzes zur Einführung der so genannten Volksbefragung. Wir halten dieses unverbindliche Instrument, das nur die Staatsregierung mit der Landtagsmehrheit initiieren dürfte, für verfassungswidrig.

Zur Klärung dieser Frage habe ich eine sogenannte Meinungsverschiedenheit (pdf) zum Bayerischen Verfassungsgerichtshof (BayVerfGH) eingereicht. An Stelle des Demokratie-Placebos „Volksbefragung“, was nichts anderes als steuer-finanzierte Meinungsumfragen bedeutet, machen wir uns stark für echte, bindende Volksbegehren.

Fünf Argumente gegen Seehofers „Volksbefragung“

1. Die Kosten: Jede Befragung der Bürgerinnen und Bürger muss 10 bis 15 Millionen Euro veranschlagt werden (Schätzung der Staatsregierung). Sie hat wie eine institutionelle Umfrage ausschließlich demoskopischen Charakter und keine rechtliche Bindungswirkung.

2. Die Ziele: Es bleibt unklar, was genau das im Gesetzentwurf erwähnte „Vorhaben mit landesweiter Bedeutung“ sein soll.

3. Die Oppositionsrechte und Gefahr der Manipulation: Mit der Volksbefragung verschafft sich die Staatsregierung ein manipulationsanfälliges Herrschaftsinstrument, denn nur sie kann durch einseitige Information der Öffentlichkeit, Wahl des Zeitpunkts der Befragung und Text der Fragestellung das Ergebnis gezielt beeinflussen. Der Gesetzentwurf sieht keine Rechte für die Vertreter der Gegenposition vor.

4. Die mangelnde Verbindlichkeit: Anders als beim Volksbegehren wird keine Rechtmäßigkeitskontrolle für die Fragestellung durchgeführt; damit können „Rechtsaußenpositionen“ ( z.B. „wer betrügt, der fliegt“) ohne verfassungsrechtliche Überprüfung zur Abstimmung gestellt werden

5. Die Verfassungswidrigkeit: Die Regelungen der Volksbefragung stehen nach Ansicht namhafter Rechtswissenschaftler unter Verfassungsvorbehalt. Für den Vorstoß der Staatsregierung wird jedoch lediglich das Landeswahlgesetz geändert. Eine solche „einfachgesetzliche Regelung“ ist aber nicht ausreichend, da die Volksbefragung in die Grundarchitektur der Demokratie eingreift. Durch diese wird der Entscheidungsspielraum von Regierung und Parlament faktisch-politisch eingeengt, weshalb eine verfassungsrechtliche Regelung zwingend erforderlich ist.

Grüne für mehr Demokratie von unten

Die sogenannte Volksbefragung ist nicht etwa Ausdruck der von Horst Seehofer ausgerufenen „Koalition mit den Bürgern“ – sie stellt vielmehr einen gefährlichen Angriff auf die Errungenschaften der bayerischen Demokratie dar. Die Volksbefragung könnte momentan nur von der REgierung initiiert werden.

Wir Grüne stehen für eine echte Bürgerbeteiligung und lehnen daher diese landesweiten Meinungsumfrage à la CSU ab. Wir werden dafür kämpfen, dass die bestehende direkte Demokratie in Bayern vereinfacht wird, z.B. Hürden für Volksbegehren und Volksentscheid gesenkt werden und das vor allem bei Großprojekten frühzeitig die Stimmen aller Bürgerinnen und Bürger gehört werden können.

Bürgerbeteiligung muss von unten kommen, nicht von oben – und nur von einer Partei.