Katharina Schulze

Fraktionsvorsitzende der Grünen im Bayerischen Landtag

Schriftliche Anfragen

Bilanz des G7-Gipfels in Elmau

13. August 2015 in Anträge und Anfragen, Im Parlament, Unterwegs |

Der G7-Gipfel hat Bayern ohne Zweifel bewegt: Am 7. und 8. Juni tagten die RegierungschefInnen der G7-Staaten in Elmau – begleitet von zahlreichen bunten und kreativen Protesten der Zivilgesellschaft. Auch nach dem Gipfel bleiben viele Fragen unbeantwortet, obwohl ich sieben Anfragen gestellt habe: z.B. wie viel der Gipfel insgesamt gekostet hat und wie viele Stunden die Polizei dafür gearbeitet hat. Ein paar interessante Details: Gastgeschenke im Wert von knapp 150.000€ wurden verteilt, die Beleuchtung von Schloss Neuschwanstein hat fast 67.000€ gekostet.

Kosten

Katharina Schulze, MdL und Axel Döring vom Bund Naturschutz 2014 bei der Ortsbegehung von Schloss Elmau

Wie teuer der G7-Gipfel war und wie viel davon Bayern zahlen muss ist nach wie vor unklar, ebenso wie viel der Transport, die Unterbringung und Verpflegung der Staatsgäste und zahlreichen JournalistInnen gekostet hat. Dafür gibt es Neuigkeiten über die Gastgeschenke an die G7-Gäste und JournalistInnen: die 191 DelegationsteilnehmerInnen haben Geschenke im Wert von 47.698,43€ erhalten, knapp 250€ pro Person. JournalistInnen erhielten ein Buch, Lebkuchenherzen und Rucksäcke für knapp 100.000€. Für großes Aufsehen sorgte im Vorfeld die Beleuchtung von Schloss Neuschwanstein in den Farben der G7-Staaten: Das kostete 66.987,76€.

Die Gesamtkosten waren laut den letzten und vorletzten Haushaltsverhandlungen im Landtag bei rund 130 Millionen Euro veranschlagt, davon übernimmt der Bund wohl 35 Millionen Euro. Der Bund der Steuerzahler geht von insgesamt 360 Millionen Euro Gipfelkosten aus – wer diese Kostenexplosion verantwortet und bezahlt ist ungeklärt. Auch zwei Monate nach dem Gipfel kann mir das Innenministerium noch nicht sagen, wie teuer der G7-Gipfel insgesamt war. Es bleibt spannend!

Versammlungsfreiheit und Protestcamp

Die GegnerInnen des G7-Gipfels in Elmau hatten vor dem Verwaltungsgericht München Recht bekommen: Das Verbot ihres geplanten Protestcamps auf einer Wiese nahe der Loisach in Garmisch wurde aufgehoben. Wir freuen uns, dass das Gericht bestätigt hat: Demokratischer Protest braucht Raum. Die Demonstrierenden hatten ein Recht auf ein Camp in Garmisch-Partenkirchen. Schön, dass das Gericht richtig gestellt hat, was Innenminister Herrmann mit aller Macht versuchte zu verhindern. Bereits im Vorfeld des Gipfels wurde von staatlicher Seite demokratischer Protest und insbesondere Camps in der Nähe von Schloss Elmau behindert. Nur ein Beispiel dafür ist die Verbreitung von Mustermietverträgen an potenzielle GrundstücksbesitzerInnen, um die Genehmigung eines Camps zu verhindern.

Auch nach diesem Vorfall schätzt die bayerische Regierung das Verbot eines solchen Camps als richtige Maßnahme ein, soweit rechtlich möglich. Im Rahmen des Protestcamps in Garmisch gab es keine Festnahmen im oder am Rande des Camps. Wie erklärt sich die Regierung ihre eigene Aussage, wonach mit bis zu 30.000 gewaltbereiten DemonstrantInnen zu rechnen war? Wie wird das hohe Polizeiaufgebot begründet? Das Innenministerium verweist hier auf 12.000 angemeldete DemonstrantInnen und findet daher auch das große Polizeiaufgebot angemessen.

Demonstrationen im Rahmen des Gipfels

40.000 Menschen sind an Fronleichnam in München gegen die Politik der G7 auf die Straße gegangen. Es war ein bunter und vielfältiger Demozug – viele unterschiedliche Organisationen haben dazu mobilisiert. Auch wir Grüne waren dabei, ich selbst war beim Trägerkreis aktiv. Außerdem erschien es mir wichtig, die Demo in Garmisch selbst mitzuerleben. Anfangs war es eine sehr angenehme, entspannte und vielfältige Demo – danke an dieser Stelle an die DemoteilnehmerInnen und PolizistInnen. Leider eskalierte es bei der Zwischenkundgebung am Anfang des Demozuges – Pfefferspray, Flaschenwürfe, verletzte DemonstrantInnen und PolizistInnen waren die Folge. Über diese zwei Demos hinaus gab es noch eine Vielzahl kleinerer Versammlungen und Dauerkundgebungen, die nun ebenfalls parlamentarisch aufgearbeitet werden müssen.

Katharina Schulze beobachtet die G7-Demo in Garmisch © Leo Simon

Katharina Schulze beobachtet die G7-Demo in Garmisch © Leo Simon

Die Demos und der Polizeieinsatz sind dennoch weitgehend friedlich verlaufen. Auf meine Anfrage hin stellt das Innenministerium nun eine Auflistung über die gewalttätigen Zwischenfälle im Rahmen von Demonstration im Rahmen des G7-Gipfels zur Verfügung: wie viele DemonstrantInnen, PolizistInnen und JournalistInnen wurden wo verletzt – beispielsweise durch Gerangel, fliegende Suppenteller oder Zelte. Ein Demonstrant wurde durch Pfeffersprayeinsatz der Polizei verletzt, sowie sechs PolizistInnen. Insgesamt wurden sieben DemonstrantInnen in Gewahrsam genommen.

Einzelne Vorfälle bei den Demonstrationen

Zudem wollte ich Details zu einzelnen Fällen von Konfrontationen zwischen Polizei und Demonstrantinnen im Rahmen der Demonstrationen gegen den G7-Gipfel in Garmisch erfahren. Beispielsweise setzte die Polizei bei der Demonstration in Garmisch Pfefferspray und Schlagstöcke ein, nachdem sie vermutete, dass eine Bedrohung durch eine „Flasche mit brennbarer Flüssigkeit“ bestand. Ich habe außerdem gehört, dass bei der Anreise einer Aktivistin beanstandet wurde, dass sie eine große Menge Aufkleber bei sich hatte – ohne Gewerbeschein und das ein Demonstrant bis Montag nicht aus Polizeigewahrsam entlassen wurde, weil er einen Suppenteller geworfen hatte. Die Antworten des Innenministeriums bringen hier leider keine neuen Erkenntnisse.

Einsatz der Polizei

Der G7-Einsatz war eine große Herausforderung für alle Sicherheitskräfte. Nicht nur die Polizei war während des G7-Gipfels im Dauereinsatz, auch die verschiedenen Hilfsorganisationen haben Großes geleistet. Ihnen allen einen herzliches Dankeschön. Ich durfte mehrmals vor Ort sein und konnte (dank der GdP) mit BeamtInnen über das Thema Unterbringung und Betreuung während des Gipfels, die bayernweiten Urlaubssperren und die Problematik, eigene Kinder während der Urlaubssperre in den Pfingstferien zu betreuen, sprechen. Lange Zeit konnte die Anzahl der für die Sicherheit des Gipfels nötigen Polizeibeamten nur grob abgeschätzt werden. Erste Schätzungen gingen von 15.000 BeamtInnen aus, im Mai nannte Innenminister Hermann im Innenausschuss die Zahl 17.000.

Nun ist die Zeit gekommen, um die Anzahl eingesetzter Landes- und BundespolizistInnen exakt zu benennen – ich wollte detailliert alle Informationen zum größten Polizeieinsatz in der Geschichte Bayerns erfragen: Wie viele PolizistInnen haben wie lange für den G7-Gipfel gearbeitet? Wie werden die zahllosen Überstunden ausgeglichen oder ausbezahlt? Wie waren die Polizeipräsidien im übrigen Bayern besetzt und gab es beispielsweise mehr Einbrüche an diesem Wochenende? Hierzu gibt es noch keine Ergebnisse des Innenministeriums.

Einsatz anderer Einsatzkräfte

Auch Feuerwehr, Rettungsdienste und Katastrophenschutz haben sich seit Monaten auf den G7-Gipfel vorbereitet und waren zahlreich vertreten: Im Mai hieß es, dass ca. 1.500 Einsatzkräfte vor Ort sein werden, zudem eine Vielzahl an ehrenamtlichen HelferInnen. Auch ihnen gilt unser Dank!

In welchem Umfang haben nichtpolizeiliche Einsatzkräfte beim G7-Gipfel gearbeitet und wie wird nun mit den Überstunden umgegangen? Dazu gibt es keine Daten.

Natur- und Tierschutz

In schönster Landschaft des Oberlandes tagten die Regierungschefs der sieben größten Industrienationen – so dachten sich Merkel und Seehofer das aus. Dieses Großereignis hat sich aber zweifelsohne drastisch auf den Naturschutz ausgewirkt, nicht zuletzt dank des großen Verkehrsaufkommens, vieler TeilnehmerInnen, PolizistInnen, der DemonstrantInnen sowie des massiven sicherheitstechnischen und logistischen Aufwands. Hierzu habe ich ebenfalls detaillierte Anfragen gestellt.

Nun, da der Gipfel vorbei ist, wollte ich wissen, welche dauerhaften Schäden um das Tagungshotel Schloss Elmau entstanden sind und wie sich der Absperrzaun, der den Wald großräumig und unpassierbar absperrte, auf Natur und Wildtiere ausgewirkt hat. Die Antwort zeigt: ein Tier wurde durch den Zaun verletzt, mehr ist nicht bekannt.


Alle sieben Antworten finden Sie auch hier zum Download.


Debatte im Plenum nach dem G7-Gipfel (10. Juni)