Katharina Schulze

Fraktionsvorsitzende der Grünen im Bayerischen Landtag

Runder Tisch zur Asylpolitik in München

Endlich vernünftig, koordiniert und menschenwürdig handeln

29. September 2014 in Im Parlament, Unterwegs |

Aktuell steht das Thema Flüchtlinge ganz oben auf der politischen Agenda. Immer mehr Menschen suchen angesichts der weltweiten Krisen Schutz vor Krieg, Hunger und Verfolgung – auch in Bayern.  Von den zuständigen MitarbeiterInnen der Ämter und den vielen Haupt- und Ehrenamtlichen tätigen, wissen wir, dass sie sich oft von der Politik allein gelassen fühlen und mehr Unterstützung benötigen. Wir Grünen halten daher im Herbst bayernweit runde Tische zum Thema Asyl-und Flüchtlingspolitik ab. Unser Fazit des Gesprächs in München: Hier ist sehr schnell koordiniertes und vor allem humanes Handeln gefordert!

Flüchtlingsunterkünfte in München

Landtagsabgeordnete Christine Kamm, Margarete Bause und Katharina Schulze

Landtagsabgeordnete Christine Kamm, Margarete Bause und Katharina Schulze

Der Tag begann mit dem Besuch des „Auerhaus“, eine Einrichtung für junge Flüchtlinge und am späten Vormittag besuchten meine Fraktionskolleginnen Margarete Bause, Christine Kamm und ich die Gemeinschaftsunterkunft in der Karl-Schmid-Straße

Am Nachmittag diskutierten wir mit Vertretern betroffener Ämter, Hilfsorganisationen, Ehrenamtlichen und Interessierten über die Lage in Bayern und speziell in München.

Junge elternlose Flüchtlinge in München

Der erste Besuch vermittelte ein positives Bild des Umgangs mit Flüchtlingen: Im „Auerhaus“ werden unbegleitete minderjährige männliche Flüchtlinge betreut und auf ihrem Start in ein eigenständiges Leben begleitet. Innerhalb dieses Modellprojekts kümmern sich fünf Sozialpädagogen und Betreuer um bis zu 16 Kinder und Jugendliche. Sie unterstützen zum Beispiel bei Ämtergängen und Ausbildung und helfen ihnen bei der Bewältigung der Traumata, die diese Jugendlichen auf ihrem bisheirgen Leidensweg erfahren haben.

Gerade diese jungen Menschen benötigen besondere Aufmerksamkeit. 70% von ihnen sind durch die Flucht schwer traumatisiert. Dies, fehlende Sprachkenntnisse und eine Überforderung durch eine neuartige Kultur führen dazu, dass viele dieser Jugendlichen keine Ausbildungsplätze und damit die Chance auf ein neues eigenständiges Leben erhalten. Das Auerhaus ist ein positives Beispiel dafür, wie Betreeung eigentlich aussehen sollte. Es gibt aber leider noch viel zu wenig solcher Einrichtungen in Bayern.

Margarete Bause und Katharina Schulze mit Helfern und Betreuern in der Gemeinschaftsunterkunft

Margarete Bause und Katharina Schulze mit HelferInnen und BetreuerInnen in der Gemeinschaftsunterkunft

Haltlose Zustände in Gemeinschaftsunterkünften

Im Anschluss wurde uns in der Gemeinschaftsunterkunft in der Karl-Schmid-Straße klar, dass es leider auch anders geht. Diese Gemeinschaftsunterkunft ist beispielhaft dafür, wie Flüchtlinge normalerweise bei uns „verwaltet“ werden. 155 Flüchtlinge sind mit 4-5 Personen pro Zimmer untergebracht; unter ihnen befinden sich 39 Kinder. Die 20 unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge müssen sich einen BetreuerInnen teilen und sind mehr oder minder auf sich selbst gestellt. Hinzu kommen chronische Krankheiten der Flüchtlinge und eine Vielzahl anderer Probleme, die nicht gelöst werden können, da es an Personal fehlt. Das lobenswerte Engagement Ehrenamtlicher scheitert oft an Überforderung. Bauliche Mängel tun ihr Übriges zu der haltlosen Situation.

Christine Kamm im Gespräch mit Helfern und Betreuern in der Gemeinschaftsunterkunft

Christine Kamm im Gespräch

Freistaat lässt Kommunen und Helfer allein

Nach diesen aufwühlenden Eindrücken diskutierten wir im EineWeltHaus die aktuelle Situation in München mit VertreterInnen von Stadtjugendamt, Caritas, Innerer Mission, des Bundesamtes für Wohnen und Migration, ehrenamtlich engagierten Organisationen und Interessierten aus den Bezirken.

Hier ist Erstaufnahme in der Bayernkaserne nur ein – wenn auch plakatives – Beispiel dafür, wie die Staatsregierung  mit dem Thema umgeht: die Kaserne ist mehr als überbelegt. Die dortige Masernepidemie im Sommer konnte nur durch den temporären Einsatz von BundeswehrärztInnen in den Griff bekommen werden.

Rund 70 Vertreter von Ämtern, Hilfsorganisationen, Bezirksausschüssen und auch Ehrenamtlich engagierte kamen zur Diskussion

Rund 70 VertreterInnen von Ämtern, Hilfsorganisationen, Bezirksausschüssen und auch ehrenamtlich Engagierte kamen zur Diskussion

Ein wenig provokativ war die Forderung im Rahmen der Diskussion, das Technische Hilfswerk oder die Bundeswehr dauerhaft in der Flüchtlingsarbeit einzusetzen. Der aktuelle Betreuungsschlüssel von einem/r BetreuerIn auf 100 Flüchtlinge lässt nur das Nötigste zu und ehrenamtliche HelferInnen werden mit ihren Fragen allein gelassen. Die Lage ist auch räumlich angespannt, da es an Einrichtungen fehlt, in die die Flüchtlinge nach der Erstaufnahme weiter ziehen können. Hier ist der bayerische Staat nicht in der Lage und auch nicht Willens anzupacken.

Danke an die vielen hilfsbereiten Menschen

Was mir der Diskussion auffiel, war die große Hilfsbereitschaft engagierter Menschen, die sich ehrenamtlich um Flüchtlinge kümmern. Ob mit Patenschaften für minderjährige Flüchtlinge, ob direkt in der Versorgung und im Bereich der Erstaufnahmeeinrichtungen: Es gibt unzählige Menschen in München, die helfen. Sie gilt es zu unterstützen, da unser Sozialsystem auf sie angewiesen ist.  Sie sind BotschafterInnen unseres Landes, da sie die Flüchtlinge begrüßen, ihnen unsere Kultur zeigen und Begegnungen schaffen. Ohne sie würde die Flüchtlingspolitik der Staatsregierung in sich zusammenbrechen.

Wir werden weiterhin im Landtag für ein Umdenken hin zu einer menschenwürdigen Asyl- und Flüchtlingspolitik kämpfen, dem sich die bayerische Staatsregierung aber seit Jahren konsequent verweigert.

Zum Weiterlesen

Positionspapier der Grünen Landtagsfraktion zum Handlungsbedarf in der bayerischen Flüchtlingspolitik