Katharina Schulze

Fraktionsvorsitzende der Grünen im Bayerischen Landtag

Kreativer Protest ist nicht kriminell

Lebendige Demonstrationskultur statt Vermummungsverbot

12. November 2015 in Im Parlament |

Protest gegen Massentierhaltung eine Straftat? © Dirk Ingo Franke cc by SA 3.0.

Heute hat die CSU im Plenum durchgesetzt, dass die Vermummung bei Demonstrationen nicht mehr als Ordnungswidrigkeit sondern als Straftat eingestuft wird. Wir Grünen kritisieren diesen Vorschlag scharf.

BürgerInnen unter Generalverdacht

Mit dieser Verschärfung des Demonstrationsrechts werden DemonstrantInnen unter Generalverdacht gestellt. Soll zukünftig ein Hühnerkostüm beim Protest gegen Massentierhaltung eine Straftat sein? Das ist doch absurd! Wir möchten den Bürgerinnen und Bürgern die Meinungsäußerung erleichtern und nicht erschweren. Dafür brauchen wir in Bayern ein bürgerfreundliches und liberales Versammlungsgesetz und eine bunte Demonstrationskultur. Das Vermummungsverbot ist ein Schritt in die falsche Richtung.

Der CSU-Gesetzentwurf ignoriert die Situation in Bayern: Gerade durch die niedrigere Einstufung von Verstößen gegen das so genannte Vermummungsverbot als Ordnungswidrigkeit konnten in den letzten Jahren in Bayern Probleme bei vielen Demonstrationen einfacher gelöst werden. Es kam auch seltener zu Gerichtsverfahren. Für die Einsatzkräfte vor Ort hat die Gesetzesänderung zur Folge, dass sie bei möglichen Verstößen zwingend einschreiten müssen und ihre bisherige lageangepasste Handlungsfreiheit vor Ort entfällt. Es ist ungeklärt, wie mit phantasievollen Demo-Kostümen verfahren wird.

Ein einfaches, freiheitliches und gut verständliches Versammlungsgesetz und eine deeskalierende und flexibel agierende Polizei. Das sind für uns die Bausteine einer lebendigen Demokratie!

Meine Rede im Plenum zum Vermummungsverbot

Besonders unverfroren: der Kommentar meines Kollegen Ländner (CSU) in der Plenardebatte (ab Minute 4:30). Aufgrund meines „jugendlichen Alters“ könnte ich zwar nicht die Fernsehsendung „Ferien auf Immenhof“ (1957) nicht beurteilen – mein Verständnis von Demonstrationen sei aber analog dieser Fernsehsendung romantisch und realitätsfern; ich hätte einen rosa gefärbten Blick auf Demonstrationen.

Das hat mich dann doch schon sehr gewundert: Mal abgesehen von der altersdiskriminierenden und sexistischen Bemerkung sollte in der CSU bekannt sein, dass ich gerne auf Demos aktiv bin, bunten und kreativen Protest schätze und Demonstrationen sicherlich besser beurteilen kann als mancheR CSU-AbgeordneteR.

Gewalt ist kein legitimes Mittel der politischen Auseinandersetzung. Gewalt bei Demos ist aber nicht die Realität, vor allem nicht in Bayern, und umso weniger darf man pauschal DemonstrantInnen unter Generalverdacht stellen.