Katharina Schulze

Fraktionsvorsitzende der Grünen im Bayerischen Landtag

Shadowing im Landtag

Mein Schatten Paula

14. April 2014 in Im Parlament, Unterwegs |

Gruppenbild der MdLs mit ihren Schatten

Eine Woche lang hatten sechs unserer Abgeordneten ’nen Schatten: Mitglieder der Grünen Jugend Bayern und junge Aktive von Grünen Hochschulgruppen und Ortsverbänden begleiteten unsere ParlamentarierInnen durch ihren Alltag im Landtag. Mein Schatten Paula Keller aus Aschaffenburg und ich ziehen im Interview Resümee.

Wie bist du Grün geworden, Paula? Und wie zum Schatten von Katharina Schulze?

PAULA KELLER: Ich bin 16, gehe in die elfte Klasse und bin im Januar zur Grünen Jugend gestoßen. Nachdem ich von der Shadowing-Aktion erfuhr, habe ich mich gleich beworben und war superglücklich, als ich den Zuschlag bekam. Und als ich von meiner Schule die Freistellung bekam – es sind ja gerade keine Ferien. Für Grüne Politik interessiere mich eigentlich schon immer und wollte endlich selbst aktiv werden. Spätestens als ich letztes Jahr in den USA verbracht hatte und mich an der Kampagne der Demokraten beteiligen konnte, wurde mir klar, dass ich auch zu Hause etwas tun will. Bei Katha hab ich mich beworben, weil sie die Jüngste ist und trotzdem schon im Fraktionsvorstand sitzt.

KATHARINA SCHULZE: Das wusste ich gar nicht – ich war 2008 in Amerika und bei der ersten Obama-Kampagne aktiv!

PAULA KELLER: Für mich eine tolle Erfahrung – obwohl und gerade weil der Wahlkampf dort ganz anders war als in Deutschland: keine großen Poster, keinen Innenstädte, dafür viel Haustürbesuche…

KATHARINA SCHULZE: Ja, das fand ich auch! Gerade der Haustürwahlkampf hat es mir angetan. Die Bayerischen Grünen haben ja für den Landtagswahlkampf 2013 „Grün Klingelt“ ins Leben gerufen und ich habe auch an unzähligen Türen im Wahlkampf geklingelt! Wir haben uns bei dem Thema von den Amerikanern einiges abgeschaut. Trotzdem ist der Wahlkampf in den USA schon etwas ganz anderes.

Inwiefern?

KATHARINA SCHULZE: (lacht) Die haben dort einfach mehr Geld zur Verfügung. Außerdem waren die vielen Ehrenamtlichen sehr fest im Wahlkampf eingebunden – jeden Abend sind die Volunteers zum Haustürwahlkampf losgezogen, so nach dem Motto: „einmal Volunteer immer Volunteer“

PAULA KELLER: Bei mir war das ähnlich. Ich war in der Nähe von Cleveland in einem eher kleinen Wahlkreis. Trotzdem war durch das Büro der Demokraten alles straff organisiert. Wenn ich abends nach der Schule hin bin, saßen dort 50 Leute und haben gleichzeitig mit allen möglichen Haushalten telefoniert, um die Menschen zu überzeugen, doch die Demokraten zu wählen. Teilweise fand ich das aber auch aus der Perspektive der Angerufenen ein bisschen nervig…

KATHARINA SCHULZE: In Detroit gab es zum Beispiel etwas so etwas wie Info-Stände, bei uns ein absoluter Klassiker, überhaupt nicht.

PAULA KELLER: Dort haben die Verantwortlichen ein richtig dickes Paket mit den ganzen Daten – mit Namen, Anschriften, Telefonnummern, und Infos, ob die Leute tendenziell bereit sind, Demokraten zu wählen..

KATHARINA SCHULZE: …was bei uns datenschutzrechtlich zum Glück gar nicht funktionieren würde.

Zurück zu Shadowing: Mit welche Erwartungshaltung bist du nach München gekommen, was du aus dieser Woche alle mitnehmen kannst?`

PAULA KELLER: Ich wollte richtig viel lernen, wie es im Bayerischen Landtag zugeht, was in den Auschüssen passiert. Allerindgs ist jetzt nicht mehr mein Ziel, Berufspolitikerin zu werden. Das hat sich auch bestätigt, als ich mitbekommen habe, wie lange Katha jeden Tag unterwegs ist, sich hetzt, kaum Zeit hat für eigene Belange. Dass das so viel Arbeit ist, war mir nicht klar. Ich hatte gedacht, ein Landtagsabgeordneter sitzt viel in seinem Büro, telefoniert, macht ab und zu mal einen Termin….

Welche Politikfelder interessieren dich persönlich, Paula?

PAULA KELLER: Eigentlich in erster Linie Außenpolitik, was im Landtag nicht unbedingt stattfindet, aber auch Energiewende und Bildungspolitik.

KATHARINA SCHULZE: Da trifft es sich gut, dass gerade die Debatte ums bayerische Gymnasium auch im Plenum geführt wird.

Was genau hast du in dieser Woche alles gemacht?

PAULA KELLER: Am Montag ging’s los mit einer Pressekonferenz des Vorstands zur Bildungspolitik, wo ich gleich mit kritischen Fragen zur Hochbegabtenföderung aufgefallen bin (lacht). Nach der Pressekonferenz ging es mit der Vorstandssitzung weiter. Am nächsten Tag dann Europaausschuss, Arbeitskreise, der Besuch beim Institut für Zeitgeschichte, wo die Debatte um „Mein Kampf“ veranschaulicht wurde. Am Mittwoch dann Fraktionssitzung, dann Plenum, wo Katha eine tolle Rede zur BügerInnenbeteiligung gehalten hat. Ansonsten habe ich die Morgenkonferenzen besucht, war im Petitionsausschuss, wo leider dem Oppositionsantrag zur Dritten Startbahn dank CSU-Mehrheit nicht stattgegeben wurde. Ein Highlight war der Besuch der bayerischen Bundestags- und Europaabgeodneten in der Landtagsfraktion.

Wie sieht das Resümee aus nach einer Woche Shadowing?

PAULA KELLER: Total positiv. Ich habe viel gelernt. Eben auch, welche Anstrenung dahinter steckt, wenn sich mal eine Sitzung drei, vier Stunden zieht, oder wenn ein Plenum bis 21.15 Uhr dauert. Was mich echt irritiert hat: Eigentlich dachte ich immer, ich hätte als interessierter Mensch schon viel Ahnung von Politik, etwa im Vergleich zu den Leuten in meiner Klasse oder im Freundeskreis. Wenn man dann aber in der Fraktionssitzung sitzt: keine Ahnung, worüber die da genau diskutieren…

KATHARINA SCHULZE: Als Abgeordnete sind wir natürlich in den ganzen Diskussionen tiefer drin, auch wenn es komplizierter wird, wie bei der Energiewende, Fracking oder G8/G9. Wir haben die Themen dauernd im Fokus, unsere Positionen entwickeln sich weiter. Was ich selber von Anfang an anstrengend fand, waren diese ganzen Abkürzungen: FraSi, FraVo, LDK und so weiter. Da dachte ich mir immer: Könnt ihr nicht normal reden?

Ist das ein Grünes Phänomen?

KATHARINA SCHULZE: Ich denke, das ist bei anderen Parteien ähnlich. Zum Glück kannte ich das ja schon von der Grünen Jugend mit ihren LJKs, BUKOs etc. (lacht)

Nachdem du vorhin von deinen Erwartungen ans Shadowing gesprochen hast, Paula – haben sie sich erfüllt?

PAULA KELLER: Die wurden total übertroffen. Das war eine richtig coole Zeit und ich hab auch einiges mitgenommen, wobei eine Woche fast zu kurz war. Ich kann mit gerade echt gut vorstellen, irgendwann als Mitarbeiterin in einem Abgeordneten-Büro zu arbeiten. Mein Wunsch, Politikwissenschaften zu studieren, hat sich bestärkt.

KATHARINA SCHULZE: Du kannst gerne jederzeit wiederkommen.

Wie fandest du das Shadowing? Vor allem als ehemalige Vorsitzende der Grünen Jugend München?

KATHARINA SCHULZE: Es war super. Als die Grüne Jugend Abgeordnete angeschrieben hatte, wer mitmachen will, war ich gleich begeistert. Ich hätte das früher auch gerne gemacht. Ein Parlament von innen zu sehen, ist schon etwas anderes als in den Medien darüber zu erfahren. Außerdem fand ich es gut, eine Woche lang „einen Schatten“ zu haben, mit dem man quatschen kann und nicht allein zu den Terminen hin zu müssen. Das ist ein tolles Projekt der Grünen Jugend, bei dem auch in Zukunft möglichst viele Mitglieder der Grünen Jugend und auch Abgeordnete mitmachen sollten.

 

Unser Schatten Paula mit dem Büro Schulze