Katharina Schulze

Fraktionsvorsitzende der Grünen im Bayerischen Landtag

Schriftliche Anfrage

Einbürgerung von Kosovaren

27. März 2018 in Anträge und Anfragen, Im Parlament |

Bayern ist neben Sachsen das einzige Bundesland das Kosovaren bei der Einbürgerung dazu zwingt, nicht nur ihre kosovarische, sondern auch ihre serbische Staatsbürgerschaft abzulegen. Dies ist nicht nur in der Praxis kompliziert sondern auch für die Betroffenen unzumutbar. Die Folge: Vielen Kosovaren wird die Einbürgerung in Bayern verweigert. Meine Anfragen zeigen, dass die Zahl der Betroffenen nach wie vor hoch ist – und die CSU-Regierung wohl nichts ändern wird. Und das auch nach dem 10. Jahrestag der Unabhängigkeit des Kosovo! 

Einbürgerungen von Kosovaren in Bayern

Wie so oft ist die Datenlage unklar: Wie viele Einbürgerungsanträge wurden in den vergangenen fünf Jahren durch Personen aus dem Kosovo gestellt – und wie viele davon wurden angenommen und abgelehnt?

2010: 366 (Serbien mit und ohne Kosovo); 60 (nur Kosovo)
2011: 457 (Serbien mit und ohne Kosovo); 75 (nur Kosovo)
2012: 453 (Serbien mit und ohne Kosovo); 111 (nur Kosovo)
2013: 549 (Serbien mit und ohne Kosovo); 145 (nur Kosovo)
2014: 329 (Serbien mit und ohne Kosovo); 118 (nur Kosovo)
2015: 285 (Serbien mit und ohne Kosovo); 184 (nur Kosovo)
2016: 354 (Serbien mit und ohne Kosovo); 184 (nur Kosovo)

Zahlen für 2017 liegen noch nicht vor. Mehr dazu in meiner Anfrage (pdf): Einbürgerungen von Kosovaren (Februar 2018).

Laut den Daten des Zensus aus dem Jahr 2011 leben 22.800 Menschen in Bayern, die aus dem ehemaligen Jugoslawien mit Geburtsort im Kosovo stammen. Weitere 2.200 Menschen mit Geburtsort im Kosovo haben die deutsche Staatsangehörigkeit. Von den 22.800 Personen haben 10.400 die kosovarische, 2.100 die kosovarische und die serbische Staatsangehörigkeit und 10.300 die Staatsangehörigkeit Serbien/Jugoslawiens und eines anderen Nachfolgestaats Jugoslawiens. Darüber hinaus liegen für 4.000 weitere Personen mit kosovarischer und/oder serbischer Staatsangehörigkeit keine Daten zu ihrem Geburtsort vor.

Warum geht Bayern hier einen Sonderweg?

Kosovaren werden von Serbien auch nach der Unabhängigkeitserklärung des Kosovo weiterhin als Staatsangehörige Serbiens behandelt. Die Bundesländer in Deutschland gehen daher davon aus, dass alle Kosovaren de facto zwei Staatsbürgerschaften besitzen. In 14 Bundesländern wird aber auf den Nachweis aus der Entlassung der serbischen Staatsangehörigkeit für Kosovaren verzichtet. Warum ist dies in Bayern nicht möglich?

Die Regierung beruft sich hier auf das Prinzip der Vermeidung von „Mehrstaatigkeit“. Wenn es „möglich und zumutbar“ ist, müssen Bewerber um die deutsche Staatsangehörigkeit, die diesen Antrag in Bayern stellen, frühere Staatsangehörigkeiten aufgeben, dies geschehe aber „mit Augenmaß“, so Innenminister Hermann: Bei schwerwiegenden persönlichen Gründen, z.B. der Ermordung eines nahestehenden Angehörigen im Bürgerkrieg, wäre eine Aufgabe der zweiten Staatsangehörigkeit „unzumutbar“. Auch könne die Reise nach Serbien zur Erledigung von Formalitäten für das deutsche Einbürgerungsverfahren nicht jedem zugemutet werden.

Daher sieht die CSU-Regierung auch keinen Grund, ihre Praxis zu ändern: Sie beruft sich auf Einzelfallregelungen. Mehr dazu in meiner Schriftlichen Anfrage (pdf): Einbürgerung von Kosovaren (November 2014).