Katharina Schulze

Fraktionsvorsitzende der Grünen im Bayerischen Landtag

Grüne und SPD wollen Zivilgesellschaft stärken

CSU lehnt Überarbeitung des Handlungskonzepts gegen Rechtsextremismus ab

11. März 2015 in Aktuelles |

In Bayern läuft einiges schief im Kampf gegen Rassisten und Neonazis. Immer neue Anschläge erfordern dringend Handlungsbedarf. Studien zeigen leider auch, dass Rassismus und Ausländerfeindlichkeit schon lange in der Mitte der bayerischen Gesellschaft angekommen sind. Seit 2009 gibt es ein Bayerisches „Handlungskonzept gegen Rechtsextremismus“, dessen Fokus überwiegend auf Sicherheitspolitik, statt auf der Unterstützung zivilgesellschaftlicher Initiativen, Prävention und Bildungsarbeit liegt. Grüne und SPD forderten eine Evaluation und Überarbeitung des Konzepts; die CSU findet jedoch: Passt schon so.

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Das aktuelle Handlungskonzept reicht nicht

Das jetzige Handlungskonzept, von der CSU hochgelobt, von Opposition und Zivilgesellschaft durchaus kritisch gesehen, betont vor allem die Arbeit von Polizei und Geheimdiensten. Die Aufklärung über Rechtsextremismus an Schulen übernimmt in Bayern die BIGE (Bayerische Informationsstelle gegen Extremismus), eine Einrichtung, die formell dem Innenministerium unterstellt ist, aber im gleichen Gebäude wie der Verfassungsschutz sitzt. In anderen Bundesländern übernehmen diese Aufgaben die Landeszentralen für politische Bildung oder freie Träger.

Das jetzige Handlungskonzept stammt aus dem Jahr 2009, ist also bereits sechs Jahre alt. Wir sehen es als nötig an, jetzt eine Evaluation des Konzepts durchzuführen und daraus abzuleiten, wie man das Konzept schlagkräftiger machen kann – mit Einbeziehung der zivilgesellschaftliche Initiativen, die sich gegen Rechts engagieren, und der Wissenschaft.

Ich bin kein Rassist, aber…

Diese oder ähnliche Sätze hört man in Bayern häufig. Ausländerfeindlichkeit, Rassismus, Antisemitismus sind für uns nicht erst ein Problem, wenn Asylbewerberheime brennen oder irgendwo Hakenkreuze hingeschmiert werden.

Ein Fokus auf Extremismus allein reicht nicht:

Logo_ZUSAMMEN STARK FINAL[1] KopieWenn rechte Einstellungen bis in die Mitte der Gesellschaft verbreitet sind (das zeigt die „Mitte-Studie“) muss intensiv in Prävention und Zivilgesellschaft investiert werden.

CSU hat keine Strategie

Das jetzige Konzept der CSU beinhaltet keine Strategie gegen all das, was vor einer extremistischen Tat in Bayern passiert. Der Handlungsbedarf ist unbestritten – spätestens nach dem NSU und dem Anstieg rechter Gewalt zur Zeit der Pegida-Proteste. Kann dann eine Evaluation und eine gemeinsame, wissenschaftlich fundierte, Überarbeitung dieses Konzept zu viel verlangt sein?

Im Konzept steht: „Der Staat ist aber nicht allein gefordert, wenn es darum geht, Rechtsextremisten deutlich zu machen, dass sie in Bayern keine Chance haben. Gefordert sind vielmehr alle Menschen, die Vereine und Organisationen, die Kommunen, die gesamte Zivilgesellschaft.“

Das fordern wir nun ein. Wir wollen eine Evaluation und mehr Mittel für zivilgesellschaftliche Initiativen.

Was wir wollen

Wir fordern mehr Geld für zivilgesellschaftliche Initiativen, denn ohne die vielen Ehrenamtlichen, die sich Land auf Land ab für ein vielfältiges, für ein offenes, für ein buntes Bayern einsetzen, würde der Kampf gegen Rechts noch viel schwächer ausfallen.

Außerdem möchten wir, dass der Kampf gegen Rechts eine Querschnittsaufgabe in Bayern wird, dass sozusagen die ganzen Ministerien das gemeinsam behandeln. Dass man es nicht nur unter dem sicherheitspolitischen Aspekt sieht, sondern natürlich auch unter dem Bereich der Prävention. Denn nur so schaffen wir es, dass Bayern die Flagge der Vielfalt und der Toleranz nach oben halten kann.

CSU findet ihr Konzept „ausgezeichnet“

Die VertreterInnen der CSU, mit denen ich im Ausschuss und gestern im Plenum über eine Überarbeitung diskutiert habe, geben unserem Antrag im Kern Recht: Wie der Fall des Bürgermeisters von Tröglitz (Sachsen-Anhalt) zeigt, gibt es Situationen, wo Behörden, Parteien und Zivilgesellschaft versagen. Auch in Bayern sind Bürgermeister und prominente Nazigegner angegriffen worden, beispielsweise in Gräfenberg bei Nürnberg.

Die CSU betont stets, dass der Kampf gegen Rechts eine maßgeblich staatliche Aufgabe ist. Einerseits fordert die CSU die Zusammenarbeit aller Akteuere, andererseits ist sie nicht bereit, den großartigen Initiativen und örtlichen Bündnissen mehr Mittel für ihre Arbeit zur Verfügung zu stellen.

Das „dynamische“ Handlungskonzept sei vollkommen ausreichend und habe dazu beigetragen, dass Pegida-Ableger in Bayern keinen Fuß auf den Boden bekommen haben. Meiner Meinung nach, können die massenhaften Gegenproteste in bayerischen Städten eher auf die Aufrufe zivilgesellschaftlicher Initiativen und Oppositionsparteien zurückgeführt werden …


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