Katharina Schulze

Fraktionsvorsitzende der Grünen im Bayerischen Landtag

Anfrage zum Plenum

Studierende bei Forschungsarbeit an NSU-Tatort kontrolliert

2. Juni 2016 in Anträge und Anfragen, Im Parlament |

2001 wurde der Gemüsehändler Habil Kiliç in München vom NSU ermordet. Fünf StudentInnen haben Mitte Mai den Tatort besucht und Fotos gemacht. Die Polizei hat sie daran gehindert. Auch nach meiner Anfrage zum Plenum (pdf) widersprechen sich die Darstellungen.

Schilderungen widersprechen sich

Wie meine Anfrage zeigt, hat die Polizei jetzt interne Ermittlungen aufgenommen, nachdem NSU-Watch sich über das Verhalten der PolizistInnen beschwert hat. Das finde ich gut, so kann der Sache weiter nachgegangen und der Sachverhalt hoffentlich restlos aufgeklärt werden. Es zeigt sich aber auch, dass es zwischen dem Bericht von NSU-Watch und dem Bericht der Polizei in der Anfrage Unterschiede gibt.

Innenminister Hermann gibt gerade an der wichtigen Stelle, welche konkrete Gefahr vorgelegen haben soll bzw. auf welcher Rechtsgrundlage gehandelt wurde, keine vernünftige Antwort. Ebenso verhält es sich mit dem Begriff der Ausspähung, für den keine Rechtsgrundlage angesprochen wird und daher nicht nachvollziehbar ist, weshalb es sich bei dem Fotografieren und Skizzieren eines Polizeigebäudes um ein gefährliches Verhalten handeln soll. Daher ist die Antwort zwar im Hinblick auf den Sachverhalt, wie es die Polizei wahrnahm, interessant, aber es wurden lang nicht all meine Fragen beantwortet. Da werde ich noch mal genauer nachfragen.

Was ist genau passiert? Wer sagt was?

Als die Studierenden, die zum Thema NSU gerade forschen, Fotos machen wollten, wurden sie von der Polizei kontrolliert. NSU-Watch, eine Organisation, die sich der Beobachtung des NSU-Prozesses in München verschrieben hat, berichtet, dass die Polizeikontrolle „auf skandalöse Art und Weise“ durchgeführt wurde: die StudentInnen seien 30 Minuten auf der Polizeiwache festgehalten worden und mussten ihre Fotos löschen. Die Polizei erklärte dazu, dass die Studierenden das Polizeigebäude fotografiert hatten, etwa 100 m entfernt vom Tatort. Das werte man als „Ausspähen“. Die StudentInnen verweigerten sich wohl einer Kontrolle, daher habe man sie nach ihren Papieren durchsucht.

Das Innenministerium schreibt mir jetzt, dass fünf Personen „auffällig (…) an einem Dienstgebäude des PP München“, also am Polizeipräsidium vorbeigelaufen sind und mit ihren Handys Fotos gemacht haben. Der Fotograf in dieser Gruppe wurde angesprochen und in das Gebäude gebeten. Währenddessen hat der Rest der Gruppe gegen die Eingangstür des Dienstgebäudes geschlagen, dann wurden sie ebenfalls im Haus kontrolliert. Auf den Handys wurden dann Fotos der Polizeidienststelle gefunden, auch Fotos der Sicherheitskameras. Eine Person hatte eine Skizze des Gebäudes mit Darstellung der Fenster und Wege um das Haus bei sich. Die fünf Personen erklärten dazu, sie hätten die Fotos gemacht, um die Todesstätte des NSU-Opfers Kiliç zu besuchen.

Die Polizei bewertet das als nicht schlüssige Erklärung für die gefundenen Unterlagen. Vor Ort war keine Rede davon, dass es sich bei der Aktion um Forschungsarbeiten handelte. Da der Tatort des NSU-Mordes ca. 100 Meter von dem Polizeigebäude entfernt ist ging man von einem Ausspähversuch aus. Somit mussten die Fotos im Sinne der Gefahrenabwehr von den Handys gelöscht werden. Die Polizei bewertet das Verhalten der Kontrollierten als unkooperativ. Sobald eine Identitätsfeststellung möglich war wurden die Betroffenen dann vor Ort entlassen. Aufgrund der medialen Berichterstattung wurden jetzt interne Ermittlungen beauftragt.


Meine Anfrage zum Plenum (pdf) finden Sie hier.