Katharina Schulze

Fraktionsvorsitzende der Grünen im Bayerischen Landtag

Anhörung im Landtag zeigt

CSU-Konzept gegen Rechtsextremismus ist unzureichend und planlos

21. Oktober 2016 in Im Parlament |

Unter dem Eindruck des schockierenden Angriffs eines „Reichsbürgers“ auf vier Polizisten diskutierte der Innenausschuss in dieser Woche über das „Bayerische Handlungskonzept gegen Rechtsextremismus“. Auf Antrag von Grünen und SPD kamen ExpertInnen aus Wissenschaft, Kommunen und Zivilgesellschaft zu Wort. Nahezu einhelliges Fazit: Das bisherige Vorgehen der CSU-Regierung ist unzureichend und planlos. Es braucht dringend eine grundlegende Weiterentwicklung der Maßnahmen gegen Rechtsextremismus.

Handlungskonzept der Regierung: Neustart nötig

Seit 2009 gibt es das „Handlungskonzept“ der CSU-Regierung. Von Beginn an wurde es – auch aus der Grünen Landtagsfraktion – scharf kritisiert. Hauptvorwurf: die absolut einseitige Fokussierung auf sicherheitspolitische Maßnahmen bei gleichzeitiger Vernachlässigung präventiver und zivilgesellschaftlicher Ansätze. Diese Einschätzung bestätigten nun auch die geladenen Expertinnen und Experten in der Anhörung des Innenausschusses. Ganz unabhängig davon, ob sie auf Vorschlag der CSU-Fraktion oder aus der Opposition heraus benannt wurden, stellten sie dem Konzept der CSU-Regierung ein miserables Zeugnis aus.

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Britta Schellenberg von der LMU München beispielsweise forderte, das Konzept auf den aktuellen Stand der Forschung zu heben:

„Ausgeblendet werden bisher insbesondere die aggressive Abwertung von Menschen etwa aufgrund ihrer Herkunft, Religion oder sexuellen Orientierung und damit die Feindschaft gegen die plurale, demokratische Gesellschaft und ihre Bürger.“ Die Engführung des CSU-Konzepts auf den Bereich des organisierten Rechtsextremismus kritisierte auch Bianca Klose von der Mobilen Beratung gegen Rechtsextremismus Berlin. Rassistische, antisemitische und nationalistische Einstellungen, die mittlerweile in der Mitte der Gesellschaft angekommen sind, blieben von der Staatsregierung „weitgehend unbeachtet“. Die finanzielle Unterstützung zivilgesellschaftlicher Akteure, die sich für die Verteidigung demokratischer Werte einsetzen, sei in Bayern völlig unzureichend.

In eine ähnliche Richtung argumentierte der Dortmunder Sozialwissenschaftler Dierk Borstel. Neben der Tatsache, dass die bisherigen Maßnahmen – gerade im präventiven Bereich – recht wahllos zusammengestellt wirkten, kritisierte auch er die mangelnde Einbeziehung der Zivilgesellschaft: „In anderen Bundesländern ist es üblich, der Bürgergesellschaft bei der Demokratieverteidigung zu vertrauen und sie dabei intensiv zu unterstützen.“ Als Beispiel nannte er die Aussteigerhilfe, die bei zivilgesellschaftlichen Stellen deutlich besser aufgehoben sei als beim Verfassungsschutz.

Wie ein koordiniertes, umfassendes und wirkungsvolles Vorgehen gegen Rechtsextremismus, Rassismus und Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit aussehen kann, zeigte Miriam Heigl am Beispiel der Handlungsstrategie der Stadt München. Notwendig seien insbesondere ein breiter, wissenschaftlich fundierter Konsultations- und Anhörungsprozess, eine der Problemlage angemessene Problemdefinition, eine klare Kompetenzverteilung innerhalb der Verwaltung sowie eine sinnvolle und akzeptierte Arbeitsteilung zwischen staatlichen und zivilgesellschaftlichen Akteuren. All dies fehle dem „Handlungskonzept“ auf Landesebene. Wie ihre Vorrednerinnen und Vorredner sprach sie sich dafür aus, das CSU-Konzept in einem ersten Schritt unabhängig und wissenschaftlich evaluieren zu lassen und anschließend entsprechend weiterzuentwickeln.

Diese Forderung griff Katharina Schulze, innenpolitische Sprecherin der Grünen Landtagsfraktion, gerne auf: „Bereits seit Jahren versuchen wir, die CSU-Regierung zur Weiterentwicklung des Handlungskonzepts zu drängen. Rechte Hetze und Gewalt nehmen massiv zu – ein ‚Weiter so‘ kann es nicht mehr geben.“ Dies hätten auch die Statements der Expertinnen und Experten nochmal eindrucksvoll gezeigt. Deren Einschätzung decke sich fast vollständig mit den Forderungen, die Grüne und SPD schon vor mehr als zwei Jahren gemeinsam in einem Antrag formuliert haben. „Ich erwarte von der CSU-Regierung, dass sie diese Anregungen nun endlich aufgreift und den Einsatz für unsere Demokratie auf breitere Füße stellt“, so Schulze.